Furcht vor Sturm auf Hauptstadt

UNO-Sicherheitsrat berät über Zuspitzung in Äthiopien

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Nach Absage der Regierung an Verhandlungslösung. US-Sondergesandter in Addis Abeba.

Angesichts der Zuspitzung in Äthiopien wird sich der UNO-Sicherheitsrat erneut mit dem Konflikt beschäftigen. Das mächtigste UNO-Gremium soll sich nach Angaben aus Ratskreisen am Freitag um 15.00 Uhr (Ortszeit/ 20.00 Uhr MEZ) in New York treffen und teils öffentlich, teils hinter verschlossenen Türen tagen. Auch an einer gemeinsamen Stellungnahme des Sicherheitsrates wird Diplomaten zufolge gearbeitet - Russland habe sich am Donnerstag aber mehr Zeit bei der Beratung erbeten.

Die äthiopische Regierung hatte zuvor eine Kampfansage an die Rebellen aus dem Norden des Landes gerichtet. "Dies ist kein Land, das unter ausländischer Propaganda zerfällt! Wir kämpfen in einem existenziellen Krieg", erklärte das Kommunikationsbüro der Regierung in Addis Abeba am Donnerstag im Online-Netzwerk Facebook.

Mit ihrer Erklärung reagierte die äthiopische Regierung offenbar auf westliche Forderungen nach einer Waffenruhe. Seit Donnerstag hält sich der US-Sondergesandte für das Horn von Afrika, Jeffrey Feltman, zu einem zweitägigen Besuch in Äthiopien auf, bei dem er zwischen den Konfliktparteien vermitteln wollte. Befürchtet wird, dass die TPLF schon bald auf die Hauptstadt vorrückt.

Der Konflikt zwischen der Regierung des äthiopischen Ministerpräsidenten und Friedensnobelpreisträgers Abiy Ahmed und der Rebellengruppe TPLF hatte vor einem Jahr begonnen. Nach einer zunächst erfolgreichen Offensive der Regierungstruppen gegen die in der nördlichen Region Tigray regierende TPLF wendete sich das Blatt. Im Sommer starteten die Rebellen eine Gegenoffensive, am Mittwoch standen sie nach eigenen Angaben 325 Kilometer vor Addis Abeba. Die mit der TPLF verbündete Gruppierung Oromo Befreiungsarmee (OLA) erklärte, der Fall der Hauptstadt sei nur noch eine Frage weniger Wochen.

Ein ganz anderes Bild zeichnete am Donnerstag die Regierung in Addis Abeba. Laut ihrer Darstellung war die TPLF zuletzt "eingekreist" und stand kurz vor einer Niederlage. "Unser Volk, das erkannt hat, dass wir uns im letzten Kapitel der Rettung Äthiopiens befinden, sollte seinen heroischen Kampf fortsetzen", hieß es weiter.

In Äthiopien gilt seit dieser Woche ein Ausnahmezustand, der es den Behörden erlaubt, Bürger im wehrfähigen Alter zum Militärdienst einzuberufen sowie gegen mutmaßliche Unterstützer der Rebellen vorzugehen.

Gegen die kriegstreiberische Rhetorik beider Seiten hatte sich in den vergangenen Wochen auch die US-Regierung wiederholt gewandt. Am Mittwoch teilte der Facebook-Mutterkonzern Meta mit, er habe einen Beitrag von Abiy gelöscht, in dem der Friedensnobelpreisträger die Bevölkerung zur Vernichtung der TPLF aufgerufen hatte. In einem weiteren Beitrag, der nicht gelöscht wurde, erklärte Abiy, "den Feind mit unserem Blut und unseren Knochen zu begraben und der Würde Äthiopiens Auftrieb zu geben".

Die US-Botschaft in Addis Abeba stellte es ihrem Personal und dessen Angehörigen am Donnerstag frei, das Land zu verlassen. Zugleich riet die Botschaft auf ihrer Website eindringlich von Reisen nach Äthiopien ab. Es könne "ohne Vorwarnung zu zivilen Unruhen und ethnisch motivierter Gewalt kommen". Die britische Botschaft riet ihren Bürgern in Äthiopien, eine Ausreise zu erwägen. Es sei "wahrscheinlich", dass es in den kommenden Tagen schwieriger würde, Äthiopien zu verlassen.

Das Außenministerium in Wien warnt bisher mittels partieller Reisewarnung auf seiner Homepage vor Reisen in die Regionalstaaten Somali, Gambella, Tigray und Benishangul-Gumuz sowie für die Grenzregion zum Sudan und für die an Tigray angrenzenden Gebiete in den Regionen Afar und Amhara.

Den Appellen nach einer Waffenruhe schloss sich am Donnerstag die nordostafrikanische Regionalorganisation Igad an. Auch die EU erneuerte ihre Forderung nach einer Waffenruhe und rief die Konfliktparteien zu Verhandlungen auf.

Ugandas Präsident Yoweri Museveni rief zu einem Krisengipfel der ostafrikanischen Staaten für den 16. November auf. Kenias Präsident Uhuru Kenyatta forderte ein sofortiges Ende der Kämpfe. UNO-Generalsekretär Antonio Guterres erklärte, er habe am Mittwoch mit Äthiopiens Ministerpräsident Abiy Ahmed gesprochen und ihm angeboten zu vermitteln.

In Nordäthiopien hat der Konflikt eine schwere humanitäre Krise verursacht; mehr als 400.000 Menschen droht nach UNO-Angaben Hunger. Seit Juli befindet sich die Region Tigray demnach unter einer humanitären De-facto-Blockade. Ein Vertreter der US-Hilfsorganisation USAid warf der äthiopischen Regierung am Donnerstag die absichtliche Verhinderung von Hilfen vor. Seit Monaten habe es "praktisch keine Lieferungen von Treibstoff, Bargeld, Medikamenten oder medizinischem Zubehör" gegeben. Hilfsorganisationen seien gezwungen, ihre Programme zu stoppen oder komplett einzustellen.
 

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