Die Temperaturen steigen, die Abende werden länger, und es wird schon gegrillt.
Noch gehören Plastikbesteck, -teller und -strohhalme für viele zur Grillparty dazu. Am Abend wandert alles in den Müll, kein Stress mit Abwaschen. Doch damit soll in absehbarer Zeit Schluss sein: Am Mittwoch will das EU-Parlament das Verbot von Einweg-Plastikprodukten beschließen, für die es geeigneten Ersatz gibt.
Es ist einer der letzten Schritte in einem Verfahren, für das sich die Politik schon ausgiebig gefeiert hat. Nach dem Votum in Straßburg müssen formell noch die Mitgliedstaaten grünes Licht geben. 2021 soll das Verbot greifen, dann verschwinden viele Produkte aus den Supermarktregalen. Die EU hofft, so den Ausstoß von Kohlendioxid bis 2030 um insgesamt 3,4 Millionen Tonnen zu verringern. Bis dahin sollen auch Umweltschäden im Wert von 22 Milliarden Euro vermieden werden.
Alternativen gibt es längst, ob aus Pappe, Holz, Glas oder Bambus. Die sind in der Herstellung nicht immer ökologisch besser als Plastikprodukte, vor allem wenn sie nicht mehrmals verwendet werden. Aber das EU-Verbot ist gemünzt auf das Plastik an den Stränden und in den Meeren. Dort ist es lebensgefährlich für Tiere und landet als Mikroplastik über die Nahrungskette auch auf den Tellern der Menschen. Experten warnen eindrücklich: 2050 könnte mehr Plastik in den Ozeanen schwimmen als Fische.
Um das zu verhindern, reicht es nicht, in der EU auf kleine Rührstaberl im Kaffee, auf Wattestäbchen und Luftballon-Halter aus Kunststoff zu verzichten. Bei der UN-Umweltkonferenz in Nairobi wurde klar, dass etwas passieren müsse - in vielen Ländern wird Müll kaum gesammelt, geschweige denn recycelt.
In der Tat ist Plastikvermüllung ein globales Problem, der allergrößte Anteil des Abfalls gelangt Forschern zufolge aus zehn großen Flüssen ins Meer. Industriestaaten haben eine Vorbildfunktion und können zeigen, wie Wohlstand und Konsum nachhaltig funktionieren.
Auflagen für die Hersteller
Das EU-Parlament wird am späten Mittwochnachmittag voraussichtlich die europaweite Plastikstrategie annehmen. Bei der finalen Abstimmung in Straßburg über die im Dezember mit den Mitgliedstaaten erzielte Einigung wird eine breite Mehrheit erwartet. Die Strategie zielt darauf ab, mit Verboten und Auflagen für Hersteller vor allem die Meere wieder sauberer zu machen.
Was wurde beschlossen?
VERBOTE
Einwegprodukte, für die es umweltfreundlichere Alternativen gibt, müssen spätestens ab 2021 vom Markt genommen werden. Dazu gehören Wattestäbchen, Einweggeschirr, Trinkhalme und Luftballonstäbe. Die Mitgliedstaaten müssen dies durchsetzen.
Außerdem gibt es weitere Auflagen für Plastikflaschen: Ab 2024 dürfen Getränkebehälter aus Kunststoff nur vertrieben werden, wenn die Verschlüsse und Deckel am Behälter befestigt sind.
WENIGER VERBRAUCH
Der Verbrauch von Einwegprodukten, für die es bisher keine nachhaltigere Alternative gibt, soll spürbar reduziert werden. Das gilt etwa für Trinkbecher und Lebensmittelverpackungen. Die Mitgliedstaaten müssen entsprechende Maßnahmen erlassen, eine verbindliche Zielvorgabe gibt es hier jedoch nicht.
KENNZEICHNUNGSPFLICHTEN
Einwegprodukte mit einem gewissen Kunststoffgehalt müssen gekennzeichnet werden. So soll auf die negativen Umweltauswirkungen etwa von Hygieneeinlagen und Feuchttüchern hingewiesen werden.
ERWEITERTE HERSTELLERVERANTWORTUNG
Hersteller aller Produkte, die von der Richtlinie betroffen sind, sollen an den Kosten für Reinigungsmaßnahmen, Öffentlichkeitskampagnen und das Abfallmanagement im Zusammenhang mit ihren Produkten beteiligt werden. So soll die Tabakindustrie künftig etwa die Kosten für öffentliche Sammelsysteme für Zigarettenstummel übernehmen.
MEHR RECYCLING
Die Richtlinie schreibt verbindliche Ziele für die Verbesserung der Mülltrennungsquote vor. Bis 2025 sollen so mindestens 77 Prozent aller Einwegplastikflaschen im korrekten Müllcontainer landen, bis 2029 mindestens 90 Prozent. Zudem sollen neue PET-Plastikflaschen 2025 zu mindestens 25 Prozent aus recyceltem Plastik bestehen. Bis 2030 soll diese verbindliche Vorgabe auf 30 Prozent angehoben werden.
Welche Maßnahmen sind bereits in Kraft?
Die EU-Kommission hatte 2015 einen Strategieplan zum Ausbau der Kreislaufwirtschaft vorgestellt. Darauf folgte beispielsweise die Plastiksackerl-Richtlinie von November 2016, die vorsieht, die Nutzung von Einweg-Plastiktaschen deutlich zu verringern.
Wie viel Plastikmüll wird momentan produziert, wie viel davon recycelt?
Zahlen der EU-Kommission zufolge fallen in Europa jährlich 26 Millionen Tonnen Plastikmüll an. EU-weit wird weniger als ein Drittel des entsorgten Plastiks recycelt.
Was passiert mit dem restlichen Plastikmüll?
Der übrige Abfall wird verbrannt oder eingelagert. Bisher exportieren die Mitgliedstaaten rund die Hälfte des eingesammelten und sortierten Plastikmülls ins Ausland, 85 Prozent davon nach China. Die Volksrepublik hat den Import von Plastikmüll mittlerweile jedoch fast vollständig eingestellt. Die EU bleibt auf einem Großteil ihres Abfalls sitzen.
Nicht ordnungsgemäß entsorgter Plastikmüll landet zum Großteil im Meer. Einer Studie des US-Wissenschaftsmagazins "Science" zufolge sind das jährlich rund acht Millionen Tonnen. Laut EU-Kommission bestehen 85 Prozent des Mülls in den Meeren aus Plastik. Die Hälfte davon sind demnach Einwegprodukte, ein Viertel stammt von Fischern. Experten befürchten, dass es 2050 mehr Plastik als Fisch in den Weltmeeren geben könnte.
Wie wirkt sich Plastik auf die Umwelt auf?
Für zahlreiche Tiere und Pflanzen stellen die Plastikpartikel eine Bedrohung dar. Wale, Delfine, Robben und andere Meeresbewohner verfangen sich in alten Fischernetzen, Seevögel verwechseln Müll mit Nahrung. Über die Nahrungskette gelangt der Abfall auch zurück zum Menschen. Welchen Einfluss Mikroplastik auf die menschliche Gesundheit hat, ist laut Kommission nicht bekannt.
Auch die Entsorgung, insbesondere die Verbrennung von Plastikmüll, ist eine Belastung für die Umwelt. So würde laut EU-Kommission das Recyceln von einer Million Tonnen Plastik so viel CO2 einsparen wie eine Million Autos weniger auf den Straßen.