Massive Verluste für Tories und Labour bei britischen Kommunalwahlen
Bei den britischen Kommunalwahlen haben sich massive Verluste für die regierenden Konservativen abgezeichnet. Nach Auszählung von 72 der 248 Gemeinden verloren die Tories fast ein Viertel ihrer Gemeinderatssitze, während sich die pro-europäischen Liberaldemokraten sich verdoppeln und die Grünen sogar versechsfachen konnten. Leichte Verluste gab es für die oppositionelle Labour Party.
Labour lag demnach bei 689 Sitzen (-57) in Führung, während die Konservativen auf 627 Sitze (-185) absackten. Die Liberaldemokraten kamen auf 258 Sitze (+127), die Grünen auf 22 (+18). Unabhängige Kandidaten legten auf 163 (+112) zu.
UKIP in Hochburgen stark
Die europaskeptische "United Kingdom Independence Party" (UKIP) musste insgesamt auch Federn lassen (zehn Sitze, um 25 weniger als bisher), was aber daran lag, dass sie in vielen Gemeinden nicht mehr antrat. In einigen europaskeptischen Labour-Hochburgen konnte sie indes der Oppositionspartei massiv Stimmen wegnehmen. So konnte UKIP den Stadtbezirk Redhill der nordöstlichen Stadt Sunderland mit 41 Prozent (plus 18 Prozentpunkte) von Labour (38 Prozent, minus 25 Prozentpunkte) erobern. In europafreundlicheren Gemeinden gab es dramatische Verschiebungen in Richtung der Grünen.
Allerdings konnte Labour auch von der Schwäche der Tories profitieren und etwa die letzte konservative Hochburg in Nordwestengland, Trafford, erobern. Dies wurde von Beobachtern als gutes Omen für das Abschneiden der Oppositionspartei bei der nächsten Unterhauswahl gedeutet.
Die Tories, die zunächst auf ein glimpfliches Ergebnis gehofft hatten, mussten massive Verluste hinnehmen. "Wir haben ein schlechtes Ergebnis erwartet, aber nicht ein so schlechtes", sagte der abgewählte konservative Gemeindechef von Bath, Tim Warren, der BBC. "Die Leute auf der Straße haben uns gesagt, dass man den Konservativen wegen des Brexit nicht mehr vertrauen kann", sagte er zur Begründung.
Niedrige Wahlbeteiligung
Medienberichten zufolge war die Wahlbeteiligung äußerst niedrig. Viele Wähler hätten ihren Unmut über das Brexit-Chaos auch durch demonstratives Zerreißen von Stimmzetteln zum Ausdruck gebracht. Insgesamt sollten 8.000 Sitze in den Kommunalparlamenten vergeben werden. Beobachter hatten im Vorfeld vor allem mit einem massiven Denkzettel für die regierenden Konservativen gerechnet, die ihr Versprechen eines EU-Austritts am 29. März nicht einlösen konnten.
Die konservative Premierministerin Theresa May konnte ihren mit der EU verhandelten Austrittsdeal auch in mehreren Anläufen nicht durch das Unterhaus bringen. Sie scheiterte nicht nur am Widerstand der pro-europäischen Opposition, sondern auch an Brexit-Hardlinern in den eigenen Reihen. Einem Austritt ohne Deal schob das Unterhaus einen Riegel vor. Deshalb, und weil May nun in Gesprächen mit Labour nach einem Brexit-Kompromiss sucht, billigte die Europäische Union eine Verschiebung des Austritts bis längstens 31. Oktober. Großbritannien wird daher auch an der Europawahl in drei Wochen teilnehmen müssen.