Regierung und Rotes Kreuz dementieren die Evakuierung allerdings.
Aus Angst vor möglichen Ausschreitungen am Rande eines Trainingslagers der rechtsradikalen Vereinigung "Vederö" (Schutzmacht, Wehrkraft) im nordungarischen Dorf Gyöngyöspata sind am Freitag die Roma-Frauen und -Kinder aus dem Ort in Sicherheit gebracht worden. Das Rote Kreuz fuhr 300 Personen mit Bussen in das Ferienlager Csilleberc am Stadtrand von Budapest. Eine Bürgerorganisation des Ortes hatte das Rote Kreuz bereits am Dienstag um die Aufnahme der Roma im Ferienlager gebeten, wie die ungarische Nachrichtenagentur MTI berichtete. Das Trainingslager der Rechtsradikalen soll am Osterwochenende stattfinden.
Erik Selymes, Generaldirektor des Roten Kreuzes, erklärte, man wisse nicht, wie lange die Roma aus Gyöngyöspata in Csilleberc bleiben würden. Laut Informationen des Polizeipräsidiums des Komitats Heves hatte die Polizei keinerlei Kenntnis von der Aktion und war demnach auch nicht an ihr beteiligt. Das Jugend- und Freizeitzentrum Csilleberc, das unter anderem Jugendherbergszimmer, Bungalows und einen Campingplatz anbietet, war in der kommunistischen Zeit eines der bekanntesten Ferienlager der Pionierbewegung gewesen.
Die Teilnehmer an dem Trainingslager, in dem es um die Vermittlung militärischer Kenntnisse gehen soll, wurden von den Veranstaltern aufgefordert, uniformiert und mit Gummigeschoß-Waffen zu erscheinen. Laut MTI trafen mehr als einhundert Polizisten in Gyöngyöspata ein. Von Freitag bis Montag soll es verstärkte Polizeikontrollen geben. Der Weg zwischen Roma-Siedlung und Trainingslager wird von der Polizei gesperrt.
Gyöngyöspata war wochenlang Schauplatz von Aufmärschen der rechtsextremistischen Bürgerwehr "Szebb Jövöert" (Für eine bessere Zukunft), die nach eigenen Angaben für Ordnung und Sicherheit und gegen "Zigeunerkriminalität" auftreten wollte.
Laut Tamas Bango, Vorsitzender der Vereinigung "Gemeinsam für das Gemeinwohl" des Ortes Batonyterenye und einer der Organisatoren der Evakuierungsaktion, sind nur noch männliche Roma in Gyöngyöspata geblieben. Die Polizei kontrolliere das durch die "paramilitärische Organisation" "Vederö" erworbene Gelände von mehreren Hektar, auf dem das Trainingslager stattfindet. Bango zufolge halten sich 400 Polizisten in Gyöngyöspata auf.
Rotes Kreuz und Regierung dementieren die Evakuierung
Die ungarische Regierung und das Rote Kreuz haben am Freitag eine "Evakuierung" der Roma-Frauen und -Kinder aus dem nordungarischen Ort Gyöngyöspata dementiert. Es handle sich um einen "Osterurlaub", nicht um eine "aus plötzlicher Notwendigkeit vollzogene Aussiedlung", sagten der Sprecher von Premier Viktor Orban, Peter Szijjarto, laut der ungarischen Nachrichtenagentur MTI. Auch Erik Selymes, der Direktor des ungarischen Roten Kreuzes, erklärte, das Ferienlager sei bereits zuvor geplant gewesen.
Nach Angaben der Hilfsorganisation wurden 172 Frauen und Kinder aus dem Dorf in das Ferienlager Csilleberc am Stadtrand von Budapest gebracht. 100 weitere Personen wurden in das ostungarische Szolnok gefahren. In Gyöngyöspata will die rechtsradikale Gruppierung "Vederö" am Wochenende ein Trainingslager für "militärische Grundkenntnisse" abhalten.
Die in Csilleberc untergekommenen Roma-Frauen drückten gegenüber der MTI am Freitag Angst um ihre Sicherheit und ihr Hab und Gut aus. Sie hätten erst am Vorabend erfahren, dass sie am Freitag das Dorf verlassen sollten. "Es wird einen Bürgerkrieg geben", sagte eine Frau. "Wir mussten weg, weil wir Angst hatten, dass die uns umbringen", meinte eine andere. Die Frauen erzählten der Nachrichtenagentur, sie wüssten nicht, ob ihr Haus nach der Rückkehr noch stehen würde, und auch nicht, wann sie wieder nach Hause zurückkehren könnten.
Die rechtsradikale Parlamentspartei Jobbik dementierte unterdessen am Freitag, dass die Extremistengruppe "Vederö" mit der Partei in Verbindung stünde. Vielmehr könne man von einem "Gegenspieler" sprechen, da der Leiter der Bewegung, Tamas Eszes, bei der Bürgermeisterwahl in Gyöngyöspata gegen den Jobbik-Kandidaten antreten werde. Die Partei vermutet nach Angaben von Sprecherin Dora Duro vielmehr die rechtskonservative Regierungspartei Fidesz hinter "Vederö".