Für die brisanten Liechtensteiner Bankdaten, die auf Hunderte Fälle von Steuerhinterziehung hinweisen sollen, haben die Behörden mehrere Millionen Euro an einen Informanten gezahlt.
Für die brisanten Liechtensteiner Bankdaten, die auf Hunderte Fälle von Steuerhinterziehung hinweisen sollen, haben die Behörden laut Presseberichten mehrere Millionen Euro an einen Informanten gezahlt. Über die Herkunft des Geldes und die genaue Summe gab es am Samstag widersprüchliche Informationen. Neue Details zum Ausmaß der Affäre oder Verdächtigen kamen zunächst nicht ans Licht.
Informant kassiert 5 Millionen Euro
Der "Spiegel"
berichtet, der Informant habe rund fünf Millionen Euro bekommen. Das Geld
stamme aus dem Haushaltstopf des Bundesnachrichtendienstes (BND). Die "Welt
am Sonntag" schreibt unter Berufung auf einen ranghohen
BND-Mitarbeiter, es habe sich um knapp mehr als vier Millionen Euro aus dem
Etat des Bundesfinanzministeriums gehandelt. Der BND habe nur eine
Vermittlerrolle gespielt.
Staatsanwaltschaft schweigt zur Herkunft der Daten
Die
Staatsanwaltschaft Bochum äußerte sich zu den Berichten nicht. "Wir
haben die Daten von der Finanzverwaltung", sagte der Sprecher der
Staatsanwaltschaft, Bernd Bienioßek, der dpa. Auch einen Bericht des
Magazins "Focus", wonach die Bochumer Staatsanwälte Anfang der
Woche Durchsuchungen bei weiteren prominenten Millionären mit den
Schwerpunkten Köln und Düsseldorf planen, wollte Bienioßek nicht
kommentieren. Es gebe Hinweise auf Steuerhinterziehung von mehreren hundert
Personen, sagte er lediglich. Die genaue Zahl nennt die Staatsanwaltschaft
nicht.
Nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" wurden beim Amtsgericht Bochum 900 Durchsuchungsbeschlüsse gegen 700 mutmaßliche Steuersünder erwirkt. Es gehe um insgesamt 3,4 Milliarden Euro. Die Bundesregierung riet zu Selbstanzeigen. Nach den Worten eines Steinbrück-Sprechers wird gegen "sehr viele" bekannte und weniger bekannte "Leistungsträger" ermittelt. In Regierungskreisen war am Freitag von "tausenden" Verdächtigen die Rede gewesen.
Kanzleramt war informiert
Das Bundeskanzleramt war über die
Beteiligung des BND am Kauf der Bankdaten informiert. Kanzleramtsminister
Thomas de Maizière, der die Geheimdienste koordiniert, bestätigte der "Bild
am Sonntag", er sei im Grundsatz informiert worden. Zur Aufdeckung des
Skandals um enttarnte deutsche Steuersünder in Liechtenstein haben deutsche
Steuerfahnder eine Millionensumme an einen geheimen Informanten gezahlt. Der
Mann habe fünf Millionen Euro für die Liechtensteiner Bankdaten erhalten,
berichteten am Samstag übereinstimmend der "Spiegel" und das ZDF.
"Steinbrück war eingeweiht"
Widersprüchliche
Darstellungen gab es zur Rolle von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück
(SPD) in der Transaktion. Der "Spiegel" schreibt, Steinbrück sei
eingeweiht gewesen. Das Ministerium wies dies zurück: "Der
Minister hat von den Vorkommnissen letzte Woche Kenntnis erlangt." Das
Ministerium sei "auf Arbeitsebene" in Kontakt mit den Diensten des
Bundes gewesen und habe die Aktion "positiv begleitet". Der "Tagesspiegel
am Sonntag" schreibt allerdings auch, Steinbrück sei über den
Kaufvorgang im Bilde gewesen und zitiert den Minister mit den Worten: "Da
bin ich vor Monaten mal informiert worden." Details über Konten und
Namen seien ihm allerdings nicht genannt worden.
Gestohlene Kundendaten?
Dem "Spiegel" zufolge war der
Informant 2006 auf den deutschen Auslandsgeheimdienst zugegangen. Nach
mehreren Treffen und der Übergabe von Stichproben hätten die Steuerfahnder
schließlich das Millionenhonorar auf einem Notarkonto deponiert. Die
liechtensteinische LGT-Bank teilte am Freitagabend mit, es gebe den Verdacht
auf eine unrechtmäßige Weitergabe im Jahr 2002 gestohlener Kundendaten. Nach "Spiegel"-Informationen
gehen die Unterlagen der deutschen Ermittler aber bis ins Jahr 2005.
Ein LGT-Sprecher sagte der "Welt am Sonntag", die Bank habe von den Ermittlungen der Bochumer Staatsanwaltschaft aus den Medien erfahren. "Wir waren völlig überrascht. Bislang hat noch keine Strafverfolgungsbehörde, auch keine aus Liechtenstein, mit uns Kontakt aufgenommen."
Die Ermittlungen waren mit der Razzia beim inzwischen zurückgetretenen Chef der Deutschen Post, Klaus Zumwinkel, am Donnerstag bekanntgeworden. Neuer Post-Chef soll nach Informationen aus Regierungskreisen Post-Logistikvorstand Frank Appel (46) werden. Für Montag ist eine Aufsichtsratssitzung angesetzt. "Focus" berichtet, Zumwinkel müsse für nicht versteuerte Zinserträge aus der Familienstiftung in Liechtenstein vier Millionen Euro an das Finanzamt zahlen. Diese Summe setze sich zusammen aus hinterzogenen Steuern, Zinsen und Geldstrafe.
Am Tag der Razzia bei Zumwinkel sind nach Angaben von Bienioßek insgesamt 13 Durchsuchungsbeschlüsse vollzogen worden, drei Personen seien betroffen gewesen. Darunter sei eine Person aus dem Raum Bochum.