Minister und Vizeminister sollen in die Sache verwickelt sein. Die Foltermethoden für Guantanamo guckten sie sich von der TV-Serie "24" ab.
Hochrangige US-Regierungsbeamte sollen gegen den Willen der Militärführung Foltermaßnahmen im umstrittenen Gefangenenlager Guantanamo auf Kuba durchgesetzt haben. Laut der britischen Tageszeitung "The Guardian" schreibt der Londoner Rechtsprofessor Philippe Sands in seinem Buch "Torture Team", dass sich die US-Anwälte auf Guantanamo bei ihren Verhörtechniken von der Fernsehserie "24" inspirieren ließen.
Kriegsrechtskonvention missachtet?
Laut Sands war
Ex-Generalstabschef Richard Myers davon ausgegangen, dass die mutmaßlichen
Terroristen unter dem Schutz der Genfer Kriegsrechtskonventionen stünden und
nicht gefoltert werden dürfen. Myers sieht sich jetzt als Opfer einer
"Intrige" von führenden Juristen der US-Regierung, die Foltertechniken auf
Guantanamo durchgesetzt hätten. Dabei hätten sie sich der Hilfe unerfahrener
Militärs auf Guantanamo bedient.
Minister und Vize verwickelt
Bei den führenden
Regierungsvertretern handelt es sich Sands zufolge u.a. um den späteren
Justizminister Alberto Gonzalez, Vize-Verteidigungsminister Doug Feith und
zwei Vize-Justizminister, Jay Bybee und John Yoo. Bisher hatte die
US-Regierung immer untergeordneten Militärs die Schuld an Folter in
Guantanamo und dem irakischen Gefängnis Abu Ghraib gegeben.
Bush gegen Folterverbot
Kritiker behaupten schon länger, dass auf
Geheiß von ganz oben gefoltert wurde. Folteraffären in
US-Militärgefängnissen haben zu einer Verschärfung der Vorschriften durch
den US-Kongress geführt, doch hat US-Präsident George W. Bush bereits
zweimal ein Veto gegen ein Folterverbot auch für die Behandlung von
Terrorverdächtigen durch den US-Geheimdienst CIA eingelegt.
Myers erlaubte Folter nicht
"Wir haben nie Folter erlaubt, wir
haben es nicht getan und würden es nicht tun", betonte Myers im Gespräch mit
dem Buchautor. Myers habe geglaubt, dass von der US-Regierung durchgesetzte
Verhörtechniken wie das Verdecken des Kopfes (hooding), die Einschränkung
der Sinneswahrnehmung (sensory deprivation) oder körperliche und geistige
Misshandlung durch die US-Armeeleitlinien gedeckt gewesen seien, die ein
Folterverbot enthielten.
Rumsfeld zog die Fäden?
"Er hat nicht viele Fragen
gestellt", kommentiert Sands. Denn als er mit Myers diese Verhörtechniken
durchgegangen sei, sei er immer besorgter geworden. Ex-Verteidigungsminister
Donald Rumsfeld sei es offenbar gelungen, den Armeechef zu umgehen.
Auch der damalige Kabinettschef von US-Außenminister Colin Powell, Larry Wilkerson, bestätigt, dass Rumsfeld den Generalstabschef in vielerlei Hinsicht "neutralisiert" habe. "Er ließ ihn bei wichtigen Mitteilungen, Treffen, Beratungen und Plänen aus."
TV-Serie "24" stand Pate
Sands berichtet in seinem Buch
auch, dass die US-Anwälte auf Guantanamo bei ihrer Suche nach neuen
Verhörtechniken "viele Ideen" der Fernsehserie "24" um den FBI-Agenten Jack
Bauer entnommen hätten. Bauer kämpft in der Echtzeit-Serie gegen Terroristen
und die Zeit, um einen Anschlag zu verhindern. Er setzt auf Folter wie das
Brechen von Fingern, Elektroschocks oder Ersticken. "Wir schauten uns ("24")
im Kabelfernsehen an... Sie war sehr populär", sagte die Militäranwältin
Diane Beaver. "Sie gab uns viele Ideen."
Das US-Militär sieht die Sache anders. Im Vorjahr hatte es die preisgekrönte Serie kritisiert, weil den Soldaten das Gefühl gebe, Folter sei im Kampf gegen den Terrorismus gerechtfertigt.