Die gemäßigten Islamisten haben den erwarteten Sieg bei den Parlamentswahlen in Marokko nach ersten offiziellen Ergebnissen verpasst.
Die Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (PJD) verbesserte sich zwar von 42 auf 47 Sitze, wurde aber nur zur zweitstärksten politischen Kraft in dem nordafrikanischen Land, teilte das Innenministerium am Samstagabend in Rabat mit. Nach Umfragen konnte die PJD mit 70 bis 80 Abgeordneten rechnen.
Nationalisten auf Platz 1
Auf dem ersten Platz landete die
nationalistische Istiqlal-Partei mit 52 Sitzen (bisher 48). Die großen
Verlierer sind demnach die Sozialisten (USFP), die nur auf 36 Mandate kamen.
Bislang waren sie mit 50 Abgeordneten die stärkste Partei im 325 Sitze
zählenden Parlament. Die Beteiligung lag bei nur 37 Prozent und blieb damit
weit hinter den Erwartungen zurück. Das offizielle Endergebnis wird erst am
Sonntag erwartet.
Niedrige Wahlbeteiligung
Die niedrige Beteiligung habe auch das
Ergebnis der PJD geschmälert, hieß es bei der Partei. Diese kritisierte
zudem, es habe Wahlmanipulationen wie etwa Stimmenkäufe gegeben. Andere
Parteien sowie Innenminister Chakib Benmoussa erklärten dagegen, die Wahl
sei sauber und transparent gewesen. Die Regierungsbildung ist völlig offen.
Der Regierungschef und die wichtigsten Minister werden von König Mohammed
VI. ernannt. Bisher war in dem Land eine Mitte-Links-Koalition aus sechs
Parteien an der Macht.
Rund 16 Millionen Marokkaner waren aufgerufen, über die Neubesetzung des Abgeordnetenhauses abzustimmen. 30 Sitze waren für Frauen reserviert. Insgesamt bewarben sich Kandidaten von 33 Parteien und zahlreiche Unabhängige.
Das marokkanische Wahlrecht macht die Dominanz einer einzelnen Partei im Parlament praktisch unmöglich. Die tatsächliche Macht liegt überdies bei König Mohammed VI., der sowohl die Regierungsgeschäfte als auch das Militär führt und zudem eine religiöse Führungsrolle hat.