Die Demonstratnten protestierten trotz Schlechtwetters gegen den deutschen Afghanistan-Einsatz und die Lage in Tibet.
Bei den diesjährigen Ostermärschen haben nach Veranstalterangaben in ganz Deutschland rund 60.000 Menschen für Frieden und Abrüstung demonstriert. Die Zahl der Teilnehmer sei damit trotz des insgesamt schlechten Wetters im Vergleich zum Vorjahr um etwa 10.000 gestiegen, sagte ein Sprecher der Infostelle Ostermarsch am Montag in Frankfurt am Main. Das rege Interesse sei besonders auf die Diskussion um den Bundeswehreinsatz in Afghanistan zurückzuführen. Weitere Themen der rund 70 Veranstaltungen waren der Irak-Krieg, aber auch die Lage in Tibet. Mit 5000 Teilnehmern gehörte die Demonstration gegen das geplante "Bombodrom" am Sonntag im ostdeutschen Fretzdorf zu den größten Veranstaltungen.
Die größten Städte Deutschlands
Der Infostelle
Ostermarsch zufolge demonstrierten allein am Montag in Frankfurt am Main und
Berlin jeweils rund 2000 Menschen, in München 1500 und in Hamburg und
Nürnberg jeweils 1000. Der traditionelle Ostermarsch Ruhr hatte am Samstag
in Duisburg begonnen und führte bis Montag nach Dortmund. An einer
Fahrradstafette von Essen nach Bochum nahmen rund hundert Menschen teil.
50-jährige Tradition
Die Veranstalter zogen eine durchweg
positive Bilanz. Nach 50 Jahren zeigten sich die Proteste gegen
Kriegseinsätze und militärisches Denken als "äußerst lebendige und
notwendige - Tradition", erklärte das Netzwerk Friedenskooperative in Bonn.
Die steigende Teilnehmerzahl zeige, dass Deutschland über eine der
stabilsten Friedensbewegungen in ganz Europa verfüge, sagte ein Sprecher des
bayerischen Ostermarschbüros.
"Märchen von der Bundeswehr in Afghanistan"
Die
Ostermarschierer appellierten an den Bundestag, mehr Geld für den
friedlichen Aufbau in Afghanistan als für den Krieg auszugeben.
Menschenrechte ließen sich nur mit friedlichen Mitteln durchsetzen, wie das
massenhafte Sterben im sogenannten Anti-Terror-Krieg zeige, hieß es in einer
Erklärung. "Das Märchen einer konstruktiven Aufbaurolle der Bundeswehr im
Norden Afghanistans wird durch ständige Wiederholung nicht wahrer", erklärte
der Geschäftsführer des Netzwerkes Friedenskooperative, Manfred Stenner. Bei
mehreren Mahnwachen forderten Friedensgruppen China zur Einhaltung der
Menschenrechte in Tibet auf.
Gegen Nutzung eines EX-Sowjet-Schießplatzes
Bei der
Demonstration in Fretzdorf traten unter anderem Mecklenburg-Vorpommerns
Wirtschaftsminister Jürgen Seidel (CDU) und der brandenburgische
Landwirtschaftsminister Dietmar Woidke (SPD) als Redner auf. In dem
Bundesland Brandenburg protestieren Bürgerinitiativen und Gemeinden bereits
seit mehr als 15 Jahren für eine friedliche Nutzung der Kyritz-Ruppiner
Heide. Sie wehren sich gegen die geplante Wiederinbetriebnahme des einst von
sowjetischen Truppen genutzten Schießplatzes, dem sogenannten Bombodrom.
Dessen militärische Nutzung war Ende Juli 2007 vom Verwaltungsgericht
Potsdam untersagt worden. Die Bundeswehr hat dagegen jedoch Berufung
eingelegt.
Militarisierung der Deutschen Politik
Die Vizepräsidentin des
deutschen Bundestags, Petra Pau (Linke), sagte am Montag auf einer
Kundgebung im sachsen-anhaltinischen Haldensleben: "Wir sind hier, weil wir
nicht hinnehmen, dass die Außen- und Innenpolitik der Bundesrepublik
Deutschland zunehmend militarisiert wird."
Philosophie-Legende Russell als Initiator
Ihre Geburtsstunde
hatte sie in Großbritannien. Der Philosoph Bertrand Russell versammelte am
Karfreitag 1958 rund zehntausend Menschen in London, um für nukleare
Abrüstung zu demonstrieren. Starken Aufwind bekam die Friedensbewegung in
der zweiten Hälfte der 1960er Jahre wegen des Vietnam-Kriegs und 1982 mit
der Debatte um die NATO-Nachrüstung und die Stationierung von
Mittelstreckenraketen. In Deutschland erlebte die Bewegung in den 1960er
Jahren einen ersten Höhepunkt, 1968 wurden in ganz Deutschland 300.000
Teilnehmer gezählt. Auch zu Beginn des Irak-Krieges vor fünf Jahren
versammelten sich mehrere 100.000 Menschen zu Protestmärschen im ganzen Land.