Der russische Außenminister Sergej Lawrow ist derzeit in Polen. Themen sind der Kaukasus-Konflikt und das Verhältnis EU-Russland.
Russland und Polen wollen trotz Spannungen wegen der geplanten Stationierung des US-Raketenschilds in Mitteleuropa und des Georgien-Konflikts ihren Dialog aufrechterhalten. Der polnische Außenminister Radoslaw Sikorski bekräftigte nach einem Treffen mit seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow in Warschau am Donnerstag die Bereitschaft seines Landes, mit Moskau über "vertrauensbildende Maßnahmen" zu reden. Die Vize-Außenminister beider Länder sollten schon "bald" über konkrete Vorschläge reden. Sikorski hatte in der Vergangenheit wiederholt von einer Möglichkeit gesprochen, russische Inspektionen des US-Stützpunktes in Polen zuzulassen.
Ergiebige Zusammenarbeit
Der polnische Außenminister bezeichnete
die Zusammenkunft mit Lawrow als ergiebig. Sie habe ihm geholfen, "die
Position Russlands besser zu verstehen", sagte er. Mit diesem Wissen könne
Polen auch die Politik der EU und der NATO gegenüber Russland "auf
kompetente Weise mitgestalten".
Unveränderte Haltung zum Raketenschild
Lawrow betonte, die
Haltung Moskaus zur US-Raketenabwehr in Mitteleuropa sei "unverändert",
schwächte aber die jüngsten Drohungen Moskaus, Raketen auf Polen zu richten,
zugleich ab. Russland sehe seitens Polen keine Gefahren für sich, sagte er.
Die Annäherung amerikanischer Militärstrukturen an Russlands Grenzen schaffe
allerdings "gewisse Risiken". Angesichts der angekündigten Konsultationen
sagte er, Russland werde auf "konkrete Vorschläge" warten.
Treffen mit Tusk geplant
Bei seinem ersten Besuch in einem
EU-Land seit Beginn des Kaukasuskonflikts vor einem Monat sollte Lawrow am
Nachmittag mit Polens Ministerpräsident Donald Tusk zusammenkommen. Polen
gilt als einer der schärfsten Kritiker der russischen Intervention in
Georgien. Präsident Lech Kaczynski führte eine Solidaritätsmission
ehemaliger Ostblockstaaten nach Tiflis an.
Provokation während Kaukaus-Konflikt
Während des
Kaukasus-Krieges unterschrieb Warschau ein Abkommen mit Washington, das die
Stationierung von zehn amerikanischen Abfangraketen in Nordpolen vorsieht.
Das zugehörige Radar wird in Tschechien errichtet werden. Die USA wollen das
Raketenabwehrsystem eigenen Angaben nach zum Schutz vor Angriffen etwa aus
dem Iran oder aus Nordkorea aufbauen. Russland sieht darin eine strategische
Bedrohung und hat mit militärischen Gegenmaßnahmen gedroht.
Raketenschild gegen Russland
In einem Gastartikel Lawrows für die
polnische Tageszeitung "Gazeta Wyborcza" hieß es, eine militärische Analyse
zeige, "dass ein europäischer Stützpunkt für ein globales US-Raketenschild
kein anderes Ziel hat und für viele Jahre auch nicht haben wird als die
Abwehr von russischen Raketen". Moskau fordere daher von den USA und Polen
"Garantien" und nicht "kosmetische politische Gesten", dass das Abwehrsystem
"nicht gegen Russland gerichtet sein wird".
Russland will offenbar keine weltweite Isolation
Beobachter
stimmten nichtsdestotrotz darin überein, dass der Besuch Lawrows in Warschau
ein Zeichen des Wunsches Russlands sei, sich aus der weltweiten Isolation
infolge der Georgien-Krise zu befreien und die Bande mit Europa zu erneuern.
"Die Konferenz (...) hat nichts wirklich Neues produziert", sagte auch der
Politologe Waldemar Dziak zu Reuters. "Aber es ist gut, dass sie überhaupt
stattgefunden hat."