Die USA schlagen Alarm: Die radikalislamischen Taliban kontrollieren zehn Prozent Afghanistans. Al-Kaida mischt offenbar mit.
Knapp sieben Jahre nach ihrem Sturz haben die Taliban in Afghanistan die Kontrolle über rund zehn Prozent des Staatsterritoriums zurückgewonnen. Die von Zehntausenden von ausländischen Soldaten geschützte Kabuler Regierung von Präsident Hamid Karzai kontrolliere lediglich rund 30 Prozent des Landes, erklärte US-Geheimdienstkoordinator Mike McConnell am Mittwoch (Ortszeit) bei einer Anhörung vor einem Kongressausschuss in Washington. Der Rest sei in der Gewalt lokaler Kräfte.
Al-Kaida mischt mit
Das Wiedererstarken der Taliban, deren
islamisch-fundamentalistisches Regime 2001 durch eine US-geführte
Militärinvasion gestürzt worden war, sei teilweise auf Unterstützung durch
das internationale Terrornetzwerk Al-Kaida zurückzuführen, erklärte ein
weiterer Geheimdienstvertreter bei der Anhörung. "Wir glauben, dass Al-Kaida
seine Unterstützung für die afghanischen Aufständischen ausgeweitet hat",
sagte General Michael Maples. 2007 war das gewaltsamste Jahr in Afghanistan
seit dem Sturz der Taliban.
Der deutsche Verteidigungsminister Franz Josef Jung hat sich skeptisch zur Lage in Afghanistan geäußert. "Mit militärischen Mitteln allein ist Afghanistan nicht zu gewinnen", sagte Jung der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung" vom Donnerstag. Mit Nachdruck plädierte Jung für eine enge Verzahnung der zivilen Entwicklungshilfe mit dem Einsatz von Soldaten. Die NATO-geführte Schutztruppe ISAF dürfe nicht als Besatzer auftreten, sondern müsse sich als Unterstützer beim Aufbau des Landes engagieren. Anders sei das Vertrauen der Bevölkerung nicht zu gewinnen.
Bevölkerung könnte überlaufen
Die Taliban haben
zum "Heiligen Krieg" gegen die Fremden im Land und gegen die pro-westliche
Kabuler Regierung aufgerufen. Der ISAF-Oberkommandierende General Egon Ramms
hatte zuletzt mehr Truppen für den Einsatz in Afghanistan gefordert. Der
frühere deutsche Stabschef der ISAF, General Bruno Kasdorf, hatte erklärt,
mittlerweile bestehe "ganz konkret" die Gefahr, dass die Bevölkerung zu den
Taliban überlaufe. US-Verteidigungsminister Robert Gates hatte vor einem
Senatsausschuss in Washington erklärt, er fürchte eine zweigeteilte Allianz,
in der es Partner gebe, die bereit seien, für die Sicherheit anderer zu
sterben, und solche, die dies nicht seien. Wenn dieser Zustand anhalte oder
gar schlimmer werde, würde dies "einen Schatten auf die Zukunft der Allianz"
werfen.
USA suchen Partner
Für die USA wird es nach Erkenntnissen des
Internationalen Instituts für Strategische Studien (IISS) in London immer
schwerer, Partner für Kampfeinsätze wie in Afghanistan zu finden. Die
dortige Gewalt werde durch die unsichere Lage im Nachbarland Pakistan weiter
gefördert. Afghanistan droht laut jüngstem IISS-Bericht der Zerfall, sollten
die NATO-Truppen es nicht schaffen, die Taliban niederzuringen. Es gebe
immer mehr Hinweise, dass sich die Aufständischen vom umkämpften Süden in
die nördlichen Provinzen bewegten. Der deutsche Bundesnachrichtendienst
hatte zuletzt vor einer sich verschlechternden Sicherheitslage in
Afghanistan gewarnt.