Damit ist der Weg für vorgezogene Neuwahlen nicht frei geworden.
Das tschechische Parlament ist mit dem Versuch gescheitert, sich selbst aufzulösen und damit den Weg für vorgezogene Neuwahlen freizumachen. Für eine Auflösung des Abgeordnetenhauses habe es nicht die erforderliche Mehrheit gegeben, sagte dessen Präsident Miloslav Vlcek (CSSD) am Dienstag nach der Abstimmung in Prag. Vermutlich wird nun erst im Frühling 2010, zum regulären Wahltermin, ein neues Abgeordnetenhaus gewählt. Das Mandat der Abgeordneten läuft Anfang Juni 2010 aus.
Kehrtwende der Sozialdemokraten
Die tschechischen
Sozialdemokraten, die noch am Freitag für die Verfassungsänderung gestimmt
hatten, vollzogen am Dienstag eine Kehrtwende und verwehrten der
Selbstauflösung die nötige Mehrheit. Parteichef Jiri Paroubek erklärte zur
Begründung, vorgezogene Neuwahlen könnten vom Verfassungsgericht
möglicherweise angefochten werden.
Am Freitag hatten Oberhaus und Abgeordnetenkammer des tschechischen Parlaments in einem beschleunigten Verfahren für eine Verfassungsänderung gestimmt, wonach dem Parlament die Selbstauflösung gestattet wird. Zuvor hatte das Verfassungsgericht den von Staatschef Vaclav Klaus angesetzten Termin für vorgezogene Neuwahlen zur Ablösung der Übergangsregierung, den 9. und 10. Oktober, gekippt. Klaus habe nicht das Recht gehabt, vorgezogene Neuwahlen auszurufen, hieß es als Begründung.
Topolanek gestürzt
Verfrühte Neuwahlen waren nötig
geworden, nachdem die bürgerliche Regierung von ODS-Chef Mirek Topolanek im
Frühjahr gestürzt worden war - mitten in der EU-Ratspräsidentschaft des
Landes. Seit Anfang Mai ist eine Übergangsregierung aus unabhängigen
Experten unter der Führung von Jan Fischer im Amt.
Fischer selbst, der nun deutlich länger im Amt bleiben muss als ursprünglich geplant, zeigte sich "überrascht" von der Entscheidung der Sozialdemokraten. Als Bedingung für einen Verbleib im Amt forderte er die Zustimmung der Parteien zu Sparmaßnahmen, die in einem Haushaltsentwurf für kommendes Jahr festgeschrieben werden sollen.
Topolanek, derzeit noch Chef der liberalen Partei ODS, zeigte sich enttäuscht über das Ergebnis der Abstimmung und kündigte an, sein Abgeordnetenmandat abgeben zu wollen. Er sprach von einer "neuerlichen Verschärfung" der politischen Krise in Tschechien. Der ehemalige tschechische Außenminister Karel Schwarzenberg sagte, sein Land habe sich "wieder einmal vor der ganzen Welt und vor Europa lächerlich gemacht". Niemand könne nachvollziehen, wie in Tschechien Politik gemacht werde.