Corona-Krise

WHO: Grenzschließungen keine nachhaltige Strategie

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"Volkswirtschaften müssen wieder öffnen, Menschen müssen zur Arbeit, der Handel muss wieder aufgenommen werden", sagte WHO-Notfallkoordinator Michael Ryan.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) sieht in dauerhaften Grenzschließungen kein geeignetes Mittel zur Eindämmung der Corona-Pandemie. Die langfristige Schließung der Grenzen sei "keine nachhaltige Strategie für die Weltwirtschaft, für die Ärmsten der Welt oder für irgendjemand anderen", sagte WHO-Notfallkoordinator Michael Ryan am Montag bei einer Online-Pressekonferenz.

WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus kündigte eine Überprüfung des derzeitigen Status der Corona-Pandemie als "internationaler Gesundheitsnotfall" an. Die Grenzen für die absehbare Zukunft zu schließen, sei für einzelne Länder nicht umsetzbar, sagte Ryan. "Volkswirtschaften müssen wieder öffnen, Menschen müssen zur Arbeit, der Handel muss wieder aufgenommen werden."

Ryan räumte zugleich ein, dass eine einheitliche globale Strategie im Umgang mit der Corona-Pandemie nicht möglich sei. Nötig seien vielmehr lokale Antworten auf Infektionsherde. Auch örtlich begrenzte Ausgangssperren könnten dabei die richtige Reaktion sein, um ein schwerwiegendes Infektionsgeschehen in den Griff zu bekommen, sagte Ryan. Wichtig sei, den "Druck auf das Virus" aufrechtzuerhalten. Lockerungen könnten erneut zu einem dramatischen Anstieg bei den Infektionsfällen führen.

Die WHO hatte angesichts der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus am 30. Jänner einen internationalen Gesundheitsnotfall ausgerufen. Zu diesem Zeitpunkt habe es außerhalb Chinas, wo der neuartige Erreger erstmals aufgetreten war, weniger als hundert Infektionsfälle gegeben, erinnerte WHO-Chef Tedros bei der Pressekonferenz. Inzwischen sind weltweit mehr als 650.000 Menschen an den Folgen einer Corona-Infektion gestorben, mehr als 16 Millionen Menschen haben sich angesteckt.

Tedros kündigte an, die Einstufung der Pandemie als "Notfall für die öffentliche Gesundheit von internationaler Tragweite" entsprechend der Regularien in dieser Woche auf den Prüfstand zu stellen. Das Notfall-Komitee der WHO werde zusammenkommen, um über die künftige Alarmstufe zu beraten. Ein internationaler Gesundheitsnotfall muss alle sechs Monate evaluiert werden.

Seit 2007 hat die WHO erst sechs Mal die höchste Alarmstufe für die öffentliche Gesundheit ausgerufen: wegen der Schweinegrippe, einem Polio- und einem Zika-Ausbruch, zwei Ebola-Ausbrüchen - und wegen des Coronavirus. Tedros betonte, dass von allen bisherigen Gesundheitsnotfällen die Corona-Krise die schwerwiegendste sei.

Wegen ihres Krisenmanagements war die WHO in den vergangenen Monaten teils massiv in die Kritik geraten. Insbesondere US-Präsident Donald Trump warf der WHO eine zu große Nähe zu China vor. Anfang des Monats leitete er offiziell den Austritt seines Landes aus der internationalen Organisation ein.

Tedros verteidigte die Arbeit seiner Organisation am Montag und betonte, dass er "unglaublich stolz" sei angesichts der "unermüdlichen Arbeit", welche WHO-Mitarbeiter in den vergangenen sechs Monate geleistet hätten.

 

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