Video aufgetaucht

Wo sich der ISIS-Chef sich jetzt verstecken könnte

Teilen

IS-Führer taucht erstmals seit fünf Jahren wieder in einem Propaganda-Video auf 

Sein "Kalifat" ist zerschlagen, sein Verbleib war lange ein Rätsel, doch jetzt gibt es ein Lebenszeichen von IS-Führer Abu Bakr al-Baghdadi: Am Montag veröffentlichte die Jihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) ein Video, in dem Al-Baghdadi die Einnahme der letzten IS-Bastion im Osten Syriens im März anspricht. "Die Schlacht um Baghouz ist vorbei", sagt Al-Baghdadi.

Versteck in der Wüste?

In dem Video sitzt Al-Baghdadi, auf dessen Kopf die USA eine Prämie in Höhe von 25 Millionen Dollar (22,5 Millionen Euro) ausgesetzt haben, im Schneidersitz auf einer Art Matratze und spricht mit drei Männern, deren Gesichter unkenntlich gemacht wurden. Sein langer grauer Bart scheint teilweise mit Henna gefärbt, er spricht langsam, unterbricht seine Sätze häufig für mehrere Sekunden. Wann genau und wo das Video aufgenommen wurde, blieb zunächst unklar. Versteckt sich der selbst ernannte Kalif mit seinen letzten Kämpfern in der syrischen Wüste, ist er im Irak untergetaucht oder konnte er ins Exil entwischen?
 
Soweit bekannt, trat der 47-Jährige nur einmal in der Öffentlichkeit auf: Anfang Juli 2014, als er von der Kanzel der Al-Nuri-Moschee in der nordirakischen Großstadt Mossul den "Gehorsam" aller Muslime gegenüber seinem "Kalifat" in Syrien und dem Irak einforderte.
 
Seitdem veröffentlichte seine Gruppe in unregelmäßigen Abständen Audiobotschaften, die von Al-Baghdadi stammen sollen. Doch wurde der Iraker, der an Diabetes leidet, nicht wieder in der Öffentlichkeit gesehen. Mehrfach wurde er bereits für tot erklärt, mindestens einmal wurde er verletzt.
 

Wenige Vertraute

"Er ist nur von drei Menschen umgeben: Seinem älteren Bruder Jumua, seinem Fahrer und Leibwächter Abdellatif al-Juburi, den er seit seiner Kindheit kennt, und seinem Kurier Saud al-Kurdi", sagte der Jihadismus-Experte Hisham al-Hashemi im März. Er vermutete die vier in der weitläufigen Badia-Wüste im Zentrum Syriens.
 
Geboren wurde Al-Baghdadi 1971 als Sohn einer armen Familie im zentralirakischen Samarra unter dem Namen Ibrahim Awad al-Badri. Als Bub begeisterte er sich für Fußball und träumte davon, Anwalt oder Soldat zu werden, doch seine mangelhaften Noten und seine schlechten Augen verhinderten beides. So studierte er schließlich in Bagdad Theologie, bevor er nach der US-Invasion 2003 als Anführer einer Jihadistengruppe in den Untergrund ging.
 
Die Journalistin Sofia Amara, die einen Dokumentarfilm über ihn gedreht hat, sagt, er mache nicht den Eindruck eines "brillanten Mannes", sondern erscheine eher als "geduldig und arbeitsam". Doch habe der "geheime Planer" schon früh "eine sehr klare Vorstellung" von der Organisation gehabt, die er schaffen wollte. Als er 2004 im Februar von der US-Armee im Gefängnis von Bucca inhaftiert wurde, knüpfte er dafür wichtige Kontakte.
 

2004 freigekommen

Das Gefängnis im Südirak galt als "Universität des Jihad", da dort radikale Islamisten mit Militär- und Geheimdienstleuten des gestürzten Baath-Regimes von Saddam Hussein zusammenkamen. "Alle haben gemerkt, dass dieser schüchterne Typ ein feiner Stratege ist", sagt Amara über Al-Baghdadis Zeit in Bucca.
 
Als er im Dezember 2004 aus Mangel an Beweisen freikam, schloss er sich dem Al-Kaida-Führer Abu Musab al-Zarqawi an. Als erst Al-Zarqawi und dann sein Nachfolger getötet wurden, übernahm der einstige Theologiestudent aus Samarra 2010 unter dem Namen Abu Bakr al-Baghdadi die Führung der Extremisten im Irak.
 
Indem er frühere Offiziere Saddam Husseins anwarb, machte er aus seiner Guerillagruppe eine schlagkräftige Truppe und nannte sie Islamischer Staat (IS). Sie überrannte im Sommer 2014 die nordirakische Großstadt Mosul und drang innerhalb weniger Wochen bis vor Bagdad vor.
 
Doch mit Gräueltaten und blutigen Anschlägen brachte er viele Iraker und Syrer sowie die internationale Gemeinschaft gegen sich auf. In den vergangenen Jahren folgte eine Niederlage auf die andere, und nach dem Verlust des letzten Dorfs in Ostsyrien bleiben dem IS-Führer nur noch einige versprengte Zellen.
Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.