02. November 2007 11:39
Kurze Streikpause im Tarifstreit bei der Deutschen Bahn: Die Gewerkschaft
Deutscher Lokomotivführer (GDL) hat angekündigt, unabhängig vom Ausgang des
Chemnitzer Gerichtsverfahrens bis einschließlich Sonntag auf neuerliche
Arbeitsniederlegungen verzichten. Über das weitere Vorgehen werde die GDL
"nach dem hoffentlich für uns positiven Urteil entscheiden", sagte der
stellvertretende GDL-Vorsitzende Claus Weselsky am Freitag im
ARD-Morgenmagazin. Der deutsche Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee rief die
Tarifpartner erneut zu Verhandlungen auf.
Verhandlungen im Gang
Ein Streik sei "keine gute Lösung", sagte
der SPD-Politiker in der selben Sendung. "Wir arbeiten im Hintergrund
intensiv daran, dass die Streikparteien zurück an den Verhandlungstisch
kommen", fügte Tiefensee hinzu. Er bestätigte zugleich eine Meldung der
"Frankfurter Rundschau", dass er dem Chef der Lokführergewerkschaft, Manfred
Schell, einen Brief geschrieben und ihn zur Mäßigung aufgerufen habe. Ein
Ausstand im Güterverkehr über Tage oder Wochen hinweg wäre "ein schwerer
Schaden für die Volkswirtschaft", sagte der Minister. Es gelte deshalb,
möglichst schnell dafür zu sorgen, dass beide Seiten an einen Tisch kämen.
Der Bund wolle das seine dazu tun.
Das sächsische Landesarbeitsgericht in Chemnitz wollte noch am Freitag
entscheiden, ob die Lokführer neben dem Regional- auch den Güter- und
Fernverkehr bestreiken dürfen. "Wir lassen dem Bahn-Vorstand Zeit zur
Besinnung", begründete Weselsky den Streikverzicht bis Sonntag. Was danach
komme, werde aber nicht weniger sein als vorher. Letztlich entscheide der
Bahnvorstand mit seinem Verhalten darüber, ob der von vielen beschworene
Schaden durch den Streik überhaupt entstehe.
"Gutes Angebot"
Deutsche Bahn-Vorstandsmitglied
Norbert Bensel betonte dagegen ebenfalls im ARD-Morgenmagazin, die Bahn
werde sich "nicht zwingen lassen". Die Probleme könnten nur am
Verhandlungstisch gelöst werden. Schließlich habe die Bahn ein gutes Angebot
vorgelegt und erwarte deshalb von Schell und seinen Stellvertretern die
Bereitschaft zum Verhandeln.
Bensel warf der Gewerkschaft vor, mit Wettbewerbern der Deutschen Bahn
Abschlüsse deutlich unter den von der Bahn angebotenen 4,5 Prozent getätigt
zu haben. Zugleich warnte er davor, die Erfolge im Güterverkehr auf der
Schiene durch Streiks zu gefährden. Transportgüter, die einmal auf die
Straße zurückgekehrt seien, könnten schwer wieder zurückgeholt werden.
Weselsky erklärte jedoch, ein Ausstand diene dem Ziel, dem Arbeitgeber
wirtschaftlichen Schaden zuzufügen. "Wenn wir das tun, dann um den Druck zu
erhöhen, zu einem Tarifabschluss zu kommen", fügte der stellvertretende
GDL-Vorsitzende hinzu. Die Gewerkschaft rechtfertige dies mit den
Realeinkommen des Fahrpersonals. Mäßigung in dem Tarifkonflikt sei nur zu
erwarten, wenn die Deutsche Bahn ein Angebot mache, das mehr als 4,5 Prozent
Einkommenserhöhung und verbesserte Arbeitszeiten vorsehe. Dies könne nur in
einem eigenständigen Tarifvertrag mit der GDL vereinbart werden. Das
bisherige Angebot sei keine geeignete Verhandlungsgrundlage.
Eine Niederlage vor dem sächsischen Landesarbeitsgericht "wäre für uns ein
Tiefschlag", sagte Weselsky. Dann würden der Gewerkschaft grundgesetzliche
Rechte vorenthalten. In diesem Fall werde die GDL vor das
Bundesverfassungsgericht ziehen. Da ein Verfahren dort Monate dauern könne,
habe sie aber für diese Zeit auch weitere Möglichkeiten in der Hinterhand.