13. April 2008 18:47
Im Korruptionsskandal bei Siemens wächst der Druck auf die frühere
Konzernspitze. Ex-Unternehmenschef Heinrich von Pierer und weitere
Top-Manager hätten frühzeitig von schwarzen Kassen erfahren, schreiben die "Süddeutsche
Zeitung" (Montagausgabe) und das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel".
Ende April wolle der Aufsichtsrat über Schadensersatzforderungen gegen
ehemalige Vorstände beraten. Pierer und seinen ehemaligen Kollegen drohten
Klagen in Millionenhöhe, hieß es.
Pierer verliert wichtigste politische Funktion
Zudem soll von
Pierer seine wichtigste politische Funktion einbüßen. Bundeskanzlerin Merkel
will ihn laut "Financial Times Deutschland" als obersten Innovationsberater
der Regierung durch Ex-BMW-Chef Joachim Milberg ersetzen. Damit der Eindruck
vermieden wird, dass Pierer ausgebootet wird, soll der bisherige
Innovationsrat komplett umgebaut werden.
Frühzeitige Hinweise auf schwarze Kassen
Laut den Berichten
soll der ehemalige Justiziar und Anti-Korruptionsbeauftragte des Konzerns,
Albrecht Schäfer, Pierer und mehrere seiner Kollegen frühzeitig auf schwarze
Kassen hingewiesen haben. Das gehe aus einer internen Notiz Schäfers vom 3.
Mai 2004 über Erkenntnisse eines Mailänder Gerichts hervor, der unter
anderem auch an Pierer gegangen sei. Bei der Staatsanwaltschaft habe Schäfer
zudem ausgesagt, er habe die Konzernspitze bereits Ende 2003 informiert.
Aufsichtsrat und IG-Metall-Funktionär Heinz Hawreliuk sagte der "Süddeutschen
Zeitung", bei grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz müsse der Aufsichtsrat "zwingend
tätig werden und Schadensersatz verlangen". Wenn jemand wisse,
dass es schwarze Kassen gebe und diese genutzt würden, und dann nicht
dagegen vorgehe, "handelt er grob fahrlässig und muss haften".
Die nächste Aufsichtsratsitzung findet am 29. April statt.
Schadensersatzforderungen
Siemens habe gegen Ex-Führungskräfte
aus der mittleren Ebene bereits Schadensersatzforderungen über jeweils eine
Million Euro erhoben, schreibt die Zeitung. Pierer und seine Ex-Kollegen
beteuerten aber, sie hätten nichts vom System schwarzer Kassen und
Schmiergeldzahlungen gewusst.
Pierers Anwalt habe auf Anfrage der Zeitung erklärt, es sei Schäfers Aufgabe
gewesen, für die Einhaltung der Regeln zu sorgen. Schäfer habe seine
Aufgaben erfüllt. Es habe davon ausgegangen werden können, es handele "sich
um einen einzelnen Vorgang."