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Mineralölfirmen droht Klage beim Kartellgericht

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Die Bundeswettbewerbsbehörde wittert ein abgestimmtes Verhalten bei den Benzinpreisen. Der Fall könnte ans Kartellgericht wandern.

Experten der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) sehen durch die per Studie nachgewiesene verzögerte Weitergabe von Ölpreissenkungen an den heimischen Zapfsäulen - während Verteuerungen in der gesamten Branche sehr rasch bei den heimischen Autofahrern landen - Hinweise für ein abgestimmtes Verhalten der Anbieter. Auf diese gravierenden Vorwürfe kann die österreichische Mineralölwirtschaft bis 18. August reagieren. Danach könnte die Angelegenheit beim Kartellgericht landen, das bei nachgewiesenen Wettbewerbsverstößen Strafen in Millionenhöhe verhängen kann.

Einheitliche zeitliche Asymmetrie
Die einheitliche zeitliche Asymmetrie zwischen Erhöhung und Senkung der Spritpreise könne durchaus als ein Hinweis auf ein kollusives, also abgestimmtes Verhalten gewertet werden, betonten Mittwochabend die Verfasser der schon seit Mitte Juli in ihren Eckpunkten bekannten BWB-Untersuchung, Stephan Sharma und Rainer Kaltenbrunner. Der Studie zufolge werden bei Super die durchschnittlichen Produktverteuerung des Referenzmarktes Rotterdam bereits am ersten bzw. zweiten nachfolgenden Tag weitergegeben, während Preissenkungen erst am vierten Tag weitergereicht werden. Bei Diesel lautet die Relation: Am gleichen bzw. am ersten Tag danach hinauf, aber erst am dritten Tag hinunter.

Gesamte Branche involviert
Analysiert wurden von der BWB die in der ÖAMTC-Datenbank gespeicherten täglichen Abend-Treibstoffpreise von mehr als 1.200 österreichischen Tankstellen - gut 60 Prozent des heimischen Marktes - über mehrere Jahre hinweg. "Das hat nicht eine einzelne Firma gemacht, sondern fast die gesamte heimische Mineralölwirtschaft", erklärte BWB-Chef Theodor Thanner bereits bei der erstmaligen Präsentation der Hauptergebnisse. Nach Kritik aus der Branche an der Studie erläuterten die Autoren nun vor Journalisten die Möglichkeiten, aber auch Grenzen, bestimmter methodischer Ansätze.

So konnte etwa der Varianz-Vergleich mit den Spritpreisen anderer EU-Staaten aufgrund der unterschiedlichen Brutto- und Nettoentwicklung keine Hinweise auf Kollusion auf dem österreichischen Treibstoffmarkt liefern. Bei früheren Expertisen etwa des Wifo oder von PVM sei wiederum der Haken gewesen, dass sie statt Tagesdaten auf Wochendurchschnitten basierten, wodurch gar keine Rückschlüsse auf ein rasches Rauf und langsames Runter der Spritpreise möglich waren, so die BWB-Fachleute. Ihnen fiel jetzt dafür auch auf, dass Preissenkungen meist Montag und Dienstag durchgeführt werden, während Anhebungen am Mittwoch und Donnerstag erfolgen. Dieser Wochenrhythmus zeigte sich - statistisch signifikant - nicht nur bei Aufwärtsbewegungen der Rotterdamer Notierungen, sondern auch bei Rückgängen.

Keine Chance auf Rückzahlung
Dass Autofahrer, die sich geschröpft fühlen, über allfällige Bußgelder der Ölfirmen wieder an ihr Geld kommen könnten, wie dies etwa Autofahrerklubs fordern - der ARBÖ hat 33 Mio. Euro Schaden im Jahr errechnet -, bezeichnete der BWB-Kartellrechtsexperte Thomas Hölzl als "ausgeschlossen". Allerdings könnten Unternehmen konkrete, nachweisbare Schäden geltend machen, sobald das Kartellgericht einen Verstoß gegen das Kartellverbot festgestellt habe. Allerdings sei dies schwierig zu beweisen. Daher wolle die EU-Kommission den Zugang zu Beweismitteln erleichtern, verwies Hölzl auf ein entsprechendes Weißbuch Brüssels, in dem auch ein besonderer Schutz für Kronzeugen befürwortet wird.

Im Extremfall könnten bei Kartellen bis zu 30 Prozent des inkriminierten Produkt-Umsatzes via Bußgeld abgeschöpft werden - und zwar für die gesamte Dauer der Verstöße. Beim heimischen Aufzugskartell ordnete das Gericht 74 Mio. Euro Strafe an, die BWB hatte 88 Mio. Euro beantragt. Zivilgerichtlich wurde Kartell-Schadenersatz in Österreich bisher erst einmal erfolgreich erstritten und zwar in der Causa Grazer Fahrschulen, die sich zu überhöhten Preisen abgesprochen hatten.

Fachverband wehrt sich
Der Fachverband der Mineralölindustrie (FVMI) wies daraufhin den erhobenen Verdacht eines wettbewerbswidrigen Verhaltens der Tankstellenbetreiber in Österreich zurück. Der Treibstoffmarkt sei durch einen harten Wettbewerb gekennzeichnet und es gebe keinen Mangel an Wettbewerb, betonte der Fachverband heute, Donnerstag, in einer Mitteilung. Auf den Vorwurf der BWB, dass in der gesamten Branche Ölpreis-Senkungen langsamer an die Autofahrer weitergegeben würden als Verteuerungen, ging der FVMI nicht ein.

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