Geld

Neue EU-Agrarförderung steht

Teilen

Die EU-Landwirtschaftsminister sind einig: Künftig geht ein größerer Teil der 53 Mrd. Euro an kleinere Bauern und in den Umweltschutz.

Nach dem Verhandlungsmarathon der EU-Landwirtschaftsminister über Korrekturen am EU-Agrarfördersystem ist ÖVP-Landwirtschaftminister Josef Pröll zufrieden. Der Kompromiss sei "tragfähig und tragbar". Damit werde es in Österreich möglich sein, nicht erst bei Auslaufen der Milchquoten 2014/15, sondern schon ab 2010 den Milchbauern mit einem eigenen Milchpaket im Volumen von 50 Mio. Euro zu helfen, so Pröll.

Aus für die Milchquote
Österreich hatte gemeinsam mit Deutschland und einigen anderen Ländern mit Milchproduktion in benachteiligten Gebieten wie Bergregionen um "flankierende Maßnahmen" für die schrittweise An- und 2014/15 geplante gänzliche Aufhebung der Milchquoten in der EU gekämpft. Aus diesem Topf könnten nun in Zukunft rund 12 Mio. Euro entnommen werden, die aus nationalen Mitteln auf etwa 25 Mio. Euro mehr als verdoppelt werden. Aus diesen Mitteln soll auch die von Pröll propagierte Milchkuhprämie finanziert werden.

Weideprämie statt Direktförderung
Weitere 25 Mio. Euro für die Milchbauern sollen aus der Umschichtung von Direktförderungen in ländliche Entwicklung stammen. Diese "Modulation" steigt von derzeit 5 Prozent bis 2013 stufenweise auf 10 Prozent. Die Kommission hatte ursprünglich sogar 13 Prozent angepeilt. Dadurch werden jährlich ansteigend in den nächsten vier Jahren zwischen 14 und 35 Mio. Euro mehr für ländliche Entwicklung - etwa als Weide- oder Grünlandprämien - zur Verfügung stehen. Die wirksamsten Maßnahmen sollen gemeinsam mit den Bauernvertretern erarbeitet werden.

Weniger Strafen bei Überproduktion
Vorteile für die heimischen Milchbauern bringe auch die Änderung der Vorgaben für den Fettgehalt der Milch. Damit steigt die Quote und sinken die Strafzahlungen für Bauern, die bisher zu viel Milch geliefert haben. Die Einsparungen betragen die Hälfte der bisherigen Strafen für Überlieferung, also rund 12 Mio. Euro. Bei der geplanten stufenweisen Anhebung der Quoten um jährlich 1 Prozent bis 2015 sie eine "Sicherheitsschleife" eingezogen worden, in Form von zwei Berichten, in denen die EU-Kommission 2010 und 2012 die Marktlage analysieren müsse.

50 Mio. für die Branche
Damit habe man 50 Mio. Euro, mit denen einer Branche unter die Arme gegriffen werden könne, in der 43.000 Milchbauern von einer sehr besorgniserregenden Marktlage betroffen seien, betonte Pröll. Die Halbzeit-Reform bringe zwar keine großen Einsparungen - das sei auch nicht das Ziel gewesen - schaffe aber eine Perspektive für die Milchwirtschaft für die Zeit nach dem Auslaufen der Quoten.

Weniger Geld für Großbauern
Dass die stärkeren Kürzungen für große Förderempfänger mit mehr als 300.000 Euro Direkthilfen pro Jahr mit 14 Prozent nun deutlich geringer ausfallen als die ursprünglich geplanten 22 Prozent, sieht Pröll gelassen. In Österreich sei bei diesen Betrieben "fast nichts zu holen", nur 12 Unternehmen wären betroffen, sagte der Minister.

IG Milch ortet Ende der Kleinbauern
Alles andere als zufrieden mit dem Kompromiss ist man bei der IG Milch. Mit der Abschaffung der Quote und der beschlossenen Mehrproduktion würde der Milchpreis ins Unendliche sinken, und die geplanten Ausgleichszahlungen seien nicht annähernd ausreichend, so die Milchbauern. Das bedeute das Ende der bäuerlichen Milchproduktion in Berg- und Grünlandregionen und ein weiteres Ausbluten des ländlichen Raumes.

Die Änderungen im Detail:

  • Milchquoten: Die Produktionsbeschränkungen für Milcherzeuger, mit denen die EU seit Mitte der 80er Jahre versucht, Überproduktion zu verhindern, laufen Ende März 2015 aus. Die EU-Kommission will die Milchbauern darauf mit einer "sanften Landung" vorbereiten und daher die Milchquote in fünf Schritten von je 1 Prozent jährlich bis 2014 anheben. Italien, das am stärksten auf eine kräftigere Anhebung gedrängt hatte, darf bereits ab 2009 seine Quote um 5 Prozent erhöhen, bei Überlieferung drohen aber viel höhere Strafen.
  • Für Milcherzeuger in Bergregionen - in Österreich entfallen darauf 87 Prozent der Produktion -, die mit einem geringeren Milchpreis nicht überleben könnten, soll es Ausgleichszahlungen geben. Auf Druck Österreichs und Deutschlands dürfen die EU-Staaten dafür erstmals auf nicht abgerufene Direktfördermittel zurückgreifen. Für Österreich wären das 2009 rund 12 Mio. Euro, die aus nationalen Mitteln auf rund 25 Mio. Euro aufgestockt werden.
  • Modulation: Die EU-Kommission will die Direktförderungen stärker als bisher kürzen. Die freiwerdenden Mittel sollen nicht eingespart werden, sondern im gleichen Land für neue Herausforderungen ausgegeben werden, denen sich die Landwirte gegenüber sehen, wie Klimawandel, erneuerbare Energien oder Wassermanagement. Bisher mussten von 5 Prozent der Direktförderungen (über 5.000 Euro pro Jahr) verpflichtend in die sogenannte ländliche Entwicklung umgeschichtet werden, was aber laut EU-Kommission nicht ausgereicht hat. Nun soll dieser Prozentsatz bis 2012 auf 10 Prozent steigen. Gelder für ländliche Entwicklung müssen mit nationalen Budgetmitteln kofinanziert werden. Auf Druck Österreichs und Deutschlands dürfen die zusätzlichen Mittel - noch einmal rund 25 Mio. Euro im Schnitt der nächsten Jahre - auch zur Unterstützung der Milcherzeuger in Berggebieten verwendet werden (Milchkuhprämie).
  • Progression: Die größten Förderempfänger mit mehr als 300.000 Euro pro Jahr an Subventionen müssen mehr zu dieser Umschichtung beitragen. Die Förderungen werden bis 2013 um 14 Prozent gekürzt. Ursprünglich hatte die EU-Kommission 22 Prozent vorgeschlagen, außerdem hätte die stärkere Umschichtung bereits bei 100.000 Euro einsetzen sollen. Vor allem Deutschland, aber auch Großbritannien hatten sich bis zuletzt dagegen gewehrt. Für Österreich spielt das keine große Rolle: Nur rund 12 landwirtschaftliche Betriebe erhalten mehr als 300.000 Euro an EU-Direktzahlungen im Jahr.
  • Intervention: Angesichts des jüngsten Anstiegs vieler landwirtschaftlicher Rohstoffpreise werden die Aufkauf- oder Einlagerungsaktionen, mit denen die EU-Kommission bisher den Bauern zu einem fixen Preis Überschüsse abgekauft hat, drastisch reduziert. Bestehen bleibt die Möglichkeit der Intervention bei Brotweizen, Butter und Magermilchpulver, allerdings wird ab einer festgesetzten Menge mit Ausschreibungsverfahren gearbeitet. Bei Futtergetreide, Gerste, Hartweizen und Reis soll es weiter möglich sein, im Notfall zu intervenieren.
  • Entkoppelung: Bis spätestens 2012 sollen auch die letzten, noch an die Produktion gebundenen Prämien "entkoppelt" werden, außer für Schafe, Ziegen und Mutterkühe. Für Österreich hat dies im Gegensatz zu Ländern wie Frankreich oder Portugal keine Bedeutung, weil hierzulande bereits vollständig auf Betriebsprämien umgestellt wurde.
  • Diverses: Die Zwangsbrache von 10 Prozent der Getreideanbaufläche wird endgültig abgeschafft.
Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.