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Österreich ist eine Top-Steueroase

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Der Direktor der Tax Justice Network stuft Österreich unter die Top Ten der Steueroasen der Welt ein. Er kritisiert aber die OECD. Sie sei die falsche Institution im Kampf gegen Steuerflucht.

Der Direktor der Tax Justice Network, John Christensen will im vierten Quartal erstmals den "Financial Transparency Index (FTI)" veröffentlichen. Dieser Index soll die seiner Meinung nach "bizarren" OECD-Listen der Steueroasen ablösen. Laut Christensen ist es dabei sehr wahrscheinlich, dass Österreich dort unter den Top Ten der Steueroasen zu finden sein wird. Gleichzeitig kritisiert Christensen die OECD, deren Listen in keiner Hinsicht hilfreich und das wichtige Thema Steuervermeidung von Konzernen bisher völlig ausgespart seien.

"Wichtiger Player"
"Keine Frage, Österreich ist ein wichtiger Player", sagt der Experte und verweist auf den Widerstand gegen die EU-Zinsbesteuerungsrichtlinie und gegen den internationalen Reformdruck in der OECD. Als er in Jersey gearbeitet habe, seien österreichische und Schweizer Banken "Teil des Prozesses" gewesen, weil die kleine, zum Vereinigten Königreich gehörende Kanal-Insel selbst kein Bankgeheimnis hat.

Gleichzeitig sei Österreich aber nicht so abhängig von diesen Aktivitäten, wie die Cayman oder die Kanal-Inseln. Die Auswirkungen einer Reform wären weniger stark als auf den genannten Inseln, in Luxemburg oder in der Londoner City.

Neben der Alpenrepublik erwartet Christensen den US-Staat Delaware, Großbritannien, die Schweiz und Luxemburg unter den zehn wichtigsten Steuerversteckplätzen der Welt. In jedem Fall werde sich mit dem FTI der Schwerpunkt von den kleinen Inseln zu den "Hauptplayern" verlagern. Ausschlaggebend für das Ranking der Steueroasen ist nicht nur das geparkte Geldvolumen sondern vor allem auch der Grad an Heimlichtuerei bzw. der Mangel an Transparenz.

OECD nicht ernst nehmen
Die OECD sei wegen ihrer politischen Natur "nicht die richtige Institution, um eine solche Liste zu produzieren, unterstrich Christensen. Dementsprechend habe es über Jahrzehnte keine Fortschritte gegeben. "Warum sind beispielsweise die britischen Kanal-Inseln nicht auf der grauen Liste?", fragt sich der aus Jersey gebürtige Experte. Die Inseln seien bei Trusts und Offshore-Gesellschaften weiter nicht kooperativ und unter den zwölf abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen - das OECD-Kriterium um auf die weiße Liste zu kommen - finde sich etwa Grönland. Das sei "nicht ernst zu nehmen" und als Kriterium zur Bewertung des Kooperationswillens eines Landes "befremdlich".

Sein Hauptkritikpunkt ist allerdings, dass die OECD das Thema Steuervermeidung bisher völlig ausgespart habe bzw. mit ihren Ansätzen hier völlig gescheitert sei. Der große Fortschritt des G-20-Gipfels am 2. April in London sei abgesehen von "wirklich minimalen Zugeständnissen" einiger Länder beim Bankgeheimnis, dass die Chefs der 20 führenden Industrie- und Schwellennationen erstmals formell anerkannt hätten, dass Steueroasen ein Problem für die globale Wirtschaft darstellen und Steuervermeidung von multinationalen Unternehmen bzw. fehlende Transparenz ein besonderes Problem. Bis dahin habe kein westlicher Politiker die Verbindung zwischen Steuervermeidung und Armut herstellen wollen, betont der ausgebildete Entwicklungsökonom Christensen, der sich seit Jahren mit diesem Thema beschäftigt.

Neue globale Regeln gegen Finanzkrise
Die einzige Lösung für die derzeitige Finanz- und Wirtschaftskrise ist nach Ansicht Christensens eine Systemänderung und neue globale Regeln, beispielsweise für Buchhaltung und Bilanzierung, in denen viel mehr Transparenz von Multis verlangt werde. Entsprechende Vorschläge des Tax Justice Network, hat Christensen vor dem G-20-Gipfel auch in der Downing Street 10 deponiert. Die Hauptpunkte: Ein multinationaler, automatischer Informationsaustausch nicht nur über natürliche sondern auch juristische Personen, wie Trusts und Stiftungen.

Lopatka bestreitet
"Österreich ist keine Steueroase!" widersprach ÖVP-Finanzstaatssekretär Reinhold Lopatka Christensen. "Wir werden weiterhin die Privatsphäre unserer Bürger schützen. Die Österreicher können vertrauen, dass ihr finanzielles Gebaren bei der Bank sicher ist", so Lopatka. Im Übrigen habe sich Österreich nie der Diskussion über die Verbesserung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit mit Steuerbehörden verschlossen.

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