In der VW-Übernahmeschlacht könnten am Donnerstag endgültig die Würfel fallen.
Der Autobauer Volkswagen steht angesichts eines Machtkampfs seiner Großaktionäre vor einer turbulenten Hauptversammlung. Bei dem Aktionärstreffen in Hamburg am Donnerstag treffen die unterschiedlichen Interessen des größten Anteilseigners Porsche sowie des zweitgrößten Aktionärs Niedersachsen aufeinander. Porsche will den starken Einfluss Niedersachsens bei VW beschränken, dagegen wehrt sich das Land.
Streitpunkt "Sperrminorität"
Hauptstreitpunkt ist
die 20-prozentige Sperrminorität bei VW, die dem Land Niedersachsen
Vetorechte bei wichtigen Entscheidungen sichert. Porsche will versuchen, als
Reaktion auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs zum VW-Gesetz die
Sperrminorität über eine Satzungsänderung auf 25 Prozent zu erhöhen.
Niedersachsen, dass knapp über 20 Prozent an VW hält, will dagegen an der
geltenden Regelung festhalten. Porsche hält knapp 31 Prozent der VW-Anteile
und hat die Übernahme der Mehrheit angekündigt. Eine Aufsichtsratssitzung am
Mittwoch hatte keine Annäherung gebracht.
Weder der Antrag von Porsche noch der des Landes dürften die notwendige Mehrheit in der Hauptversammlung erreichen. Es bliebe bei der bestehenden Regelung zur Sperrminorität. Porsche könnte dann vor Gericht gehen.
VW verzichtet auf Abstimmung
Der VW-Aufsichtsrat verzichtete am
Mittwoch auf eine Abstimmung über einen Antrag Niedersachsens. Das Land
wollte eigentlich erreichen, dass die Mehrheit des Aufsichtsrats seinen
Antrag zur Hauptversammlung unterstützt. Zwar sei die Mehrheit für den
Antrag des Landes offenkundig gewesen, hieß es in Konzernkreisen. Jedoch
habe eine Spaltung der Kapitalseite verhindert werden sollen. Neben den
beiden Vertretern des Landes, Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) und
Wirtschaftsminister Walter Hirche (FDP), hatten auch die
Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat angekündigt, für den Antrag zu
stimmen.
Proteste geplant
Vor Beginn der Hauptversammlung wollen in der
Früh rund 1.200 VW-Beschäftigte vor dem Veranstaltungsort gegen den Kurs von
Porsche protestieren. Zudem sollen am Donnerstag wegen
Informationsveranstaltungen in allen deutschen Werken des VW-Konzerns für
etwa eine halbe Stunde die Bänder stillstehen.
Für positive Schlagzeilen sorgten im Vorfeld der Hauptversammlung die neuesten VW-Zahlen. Dank gestiegener Verkäufe konnte der Gewinn kräftig erhöht werden. Das Ergebnis vor Steuern stieg im ersten Quartal 2008 um 28 Prozent auf 1,366 Milliarden Euro.
Streit um VW-Gesetz
Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel
(CDU) will unmittelbar nach der VW-Hauptversammlung mit Niedersachsens
Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) über die geplante Neufassung des
VW-Gesetzes beraten. Das Thema solle am Abend in Berlin während der üblichen
Vorbesprechung für die Bundesratssitzung angesprochen werden. Die Teilnahme
von Wulff hängt aber von der Dauer der Hauptversammlung in Hamburg ab. Der
deutsche Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU), der das Gesetz wie Porsche
und die EU-Kommission für überflüssig hält, nimmt an dem Treffen nicht teil.
Nach dem VW-Gesetz aus dem Jahr 1960 darf kein Aktionär mehr als 20 Prozent der Stimmen auf der Hauptversammlung des Konzerns geltend machen, selbst wenn er über mehr Anteile verfügt. Zudem garantierte das Gesetz dem Land Niedersachsen und der deutschen Bundesregierung je zwei Sitze im Aufsichtsrat, so lange sie VW-Aktien halten. Darin sah die EU-Kommission einen Verstoß gegen den freien Kapitalverkehr und verklagte Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH). Das Gericht gab der Klage Recht.