16. Mai 2008 13:17
Ein Bericht, in dem der Rechnungshof (RH) die Immobiliengeschäfte der ÖBB in
den vergangenen Jahren unter die Lupe nimmt, ist am Freitag in seiner
Endfassung dem Parlament vorgelegt worden. Wie bereits seit März in Auszügen
bekannt, kritisieren die Prüfer die hohen Gagen der Geschäftsführung und
Mängel bei einzelnen Projekten. Auch das Fehlen einer Gesamtstrategie wird
angeprangert: "Eine Unternehmensstrategie im Sinne einer schriftlich
festgelegten langfristigen, strategischen Liegenschaftsplanung lag nicht
vor", heißt es in der am Freitag veröffentlichten Analyse.
Hohe Gehälter
Das Jahreseinkommen der Geschäftsführerin der
ÖBB Immobilienmanagement-Gesellschaft sei "um 52 Prozent höher als jenes des
Bundeskanzlers" gewesen und habe auch die Vorstandsbezüge der
Muttergesellschaft Infrastruktur Bau AG übertroffen, kritisiert der
Rechnungshof. Bei der personellen Besetzung der Immobilientochter habe es
sowohl bei der Auswahl des Personalberatungsunternehmens als auch im
Besetzungsverfahren selbst "an der erforderlichen Transparenz" gemangelt.
Die Beauftragung von Beratungsleistungen durch die Immo-Gesellschaft sei
meist mündlich und "entgegen den internen Richtlinien ohne Einholung von
Vergleichsangeboten" erfolgt. Auch dass die erst 2005 gegründete
Gesellschaft noch keine interne Revision aufgebaut hatte, wird kritisiert.
Die bisherige Alleinchefin Michaela Steinacker geht im übrigen per 30. Juni
von den ÖBB ab und wechselt zur Raiffeisen Holding NÖ-Wien. Pro futuro
empfehlen die Prüfer, "auf eine ausgewogene, den Verantwortlichkeiten
entsprechende Relation der Bezüge der Geschäftsführerin zu den
Vorstandsbezügen der Muttergesellschaft zu achten."
Ungeeignete Standortwahl
Nicht nachvollziehen konnten die
Rechnungshofprüfer die Entscheidung der ÖBB-Holding vom Sommer 2005, die
Zentrale zwischenzeitlich in die Twin Towers am Wienerberg zu verlegen. Der
von der Immogesellschaft vorbereiteten Standortentscheidung lägen "keine
Wirtschaftlichkeitsberechnungen oder differenzierte Variantenbetrachtungen
zugrunde". Die der "Standortwahl zugrunde gelegten Kennzahlen waren als
Basis für die Entscheidungsfindung nicht geeignet".
An Detailprojekten kritisiert der RH unter anderem den Verkauf und die
Rückmietung eines Bürogebäudes auf der Erdberger Lände, einer früheren
Postbus-Liegenschaft. Dort habe man durch eine eingeschränkte
Interessentensuche auf die größtmögliche Anzahl von Angeboten verzichtet.
Durch die verspätete Einbindung des Mieters Rail Cargo seien "massive
Kostenerhöhungen" entstanden, kritisiert der Rechnungshof.
Schillerplatz spielt keine Rolle
Bei der Nordbahnstraße 50,
ebenfalls ein "Sale-and-lease-back"-Geschäft, "fehlten die
Entscheidungsgrundlagen für die möglichen Varianten der Verwertung oder
Entwicklung von Kosten-Nutzen-Analysen". In das Gebäude, das gerade erneuert
wird, sollen in zwei Jahren etwa 460 Mitarbeiter, vor allem der
ÖBB-Infrastruktur Betrieb, einziehen.
Naturgemäß keine Rolle spielt in dem Bericht der Verkauf der Immobilie
Schillerplatz 4, der den abgegangenen ÖBB-Generaldirektor Martin Huber
schwer unter Druck gebracht hatte. Es hatte sich dabei um eine von der
Telekom Austria verkaufte Immobilie gehandelt.