Die Beratungsqualität in Österreichs Apotheken hat sich kaum verbessert.
Fazit der österreichischen Konsumentenschützer: "Trotz einiger Lichtblicke lässt die Beratungsqualität in österreichischen Apotheken (...) nach wie vor zu wünschen übrig." Testkäufer des VKI haben nach zwei ähnlichen Erhebungen im Jahr 2006 und im Jahr 2008 in Wien und in Tirol nun 31 öffentliche Apotheken in sieben österreichischen Bundesländern (Landeshauptstädte) aufgesucht. Sie gaben an, zu Hause ein zweijähriges Kind mit Fieber etc. zu haben bzw. möglichst schnell Gewicht abnehmen zu wollen. Die Erfahrungen werden in der neuesten Ausgabe der Zeitschrift "Konsument" publiziert. Die Konsumentenschützer empfehlen, mit solchen Fragen doch eher gleich zum Arzt zu gehen.
Der erste "Fall": Mit Hinweis auf ein Plakat der österreichischen Apothekerkammer, das ein Baby und folgenden Slogan zeigt "Husten, Schnupfen, erhöhte Temperatur, ... Ich mach schnell einen Sprung in die Apotheke im Ort", besuchte eine Testkäuferin die Apotheken. Sie sei auf Besuch mit ihrer zweijährigen Tochter im Ort. Das Kind leide unter Fieber, Schnupfen, dickem Hals mit angeschwollenen Lymphknoten und Halsweh (auf Anfrage: 39 Grad Fieber). Das Kind hätte im Winter eine Angina gehabt, die wegen später Antibiotikagabe schwer verlaufen sei. Die Frau fragte um ein fiebersenkendes Mittel, einen Nasenspray und ein Antibiotikum an.
Geringe Fortschritte in Beratungsqualität
Dazu die
Anmerkungen in "Konsument": "Mutter und Kind wären nach wie vor beim Arzt
besser aufgehoben als in der Apotheke. Gegenüber unseren letzten Tests
konnten wir bei der Beratungsqualität nur geringe Fortschritte erkennen.
Noch immer wird die Anamnese (Fragen zur Vorgeschichte der Erkrankung)
vernachlässigt. (...) In 16 Fällen wurden rezeptfreie Nasentropfen verkauft.
Kein einziger Apotheker erkundigte sich jedoch, welches Präparat bisher
angewendet worden war. 26 Mal wurde unserer Testperson zusätzlich mindestens
ein fiebersenkendes Medikament ausgehändigt. Da unser kleiner Patient noch
nicht drei Jahre alt ist, wäre für alle verkauften Präparate ein ärztliches
Rezept notwendig gewesen." Antibiotika wurden trotz Nachfrage nicht verkauft.
Beim möglichst schnellen Abnehmen wurde eine 64-jährige Testperson mit einer Größe von 1,55 Mete rund einem Gewicht von 79 Kilogramm (BMI: 32,9) vorstellig. Die Konsumentenschützer: "Bezüglich Schlankheitsberatung fiel das Ergebnis zwar etwas besser aus als beim letzten Test. Insgesamt muss die Beratungskompetenz allerdings auch auf diesem Gebiet immer noch als mangelhaft bezeichnet werden."
Der Wunsch auf schnellen Gewichtsverlust hatte jedenfalls Konsequenzen. Die Zeitschrift auf der Basis der Testkäufe: "29 Mal verließ unsere Testerin die Apotheke mit größtenteils zweifelhaften Produkten. In einem weiteren Fall wäre ein Verkauf erfolgt, wenn die Testperson die Lieferung des Mittels abgewartet hätte (zwei Stunden Lieferzeit)." Nur in einer Grazer Apotheke sei nichts abgegeben, sondern auf die Weight Watchers hingewiesen worden.
Wie in einer Verkaufsveranstaltung
Sonst kam es offenbar oft zum
Verkauf des Schlankheitsmittels "alli", eine nunmehr rezeptfrei erhältliche
Formulierung von Orlistat in geringerer Dosis als das rezeptpflichtige
Medikament. Die Konsumentenschützer: "Am häufigsten wurde unserer Testerin
alli verkauft. Das Präparat mit dem Wirkstoff Orlistat ist seit heuer auf
dem Markt und wird als Neuheit stark beworben. (...) Teilweise fühlte sich
unsere Testerin wie in einer Verkaufsveranstaltung für das Mittel."