Geld

Siemens-Vorstände wussten von dubiosen Geldströmen

Teilen

Ein Ex-Finanzchef und ein Ex-Aufsichtsratsvorsitzender sollen schon 2004 über fragwürdige Vorgänge informiert worden sein.

In der Affäre um schwarze Kassen bei Siemens sollen ein Ex-Finanzchef und ein ehemaliger Aufsichtsratsvorsitzender frühzeitig von dubiosen Geldströmen erfahren haben. Das berichtet das Münchner Nachrichtenmagazin "Focus" in seiner neuen Ausgabe. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG habe beiden spätestens 2004 in einem Management Letter über fragwürdige Vorgänge informiert. Wie der "Focus" weiter schreibt, sei ein langjähriger Vertriebsmitarbeiter der Siemens-Kommunikationssparte im November bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen. Die Polizei sehe Anhaltspunkte für einen Selbstmord. Das Opfer hätten "sowohl ein Zeuge als auch Unterlagen im Verfahren um schwarze Kassen unlängst belastet".

Wie die Berliner Tageszeitung "Der Tagesspiegel" berichtet, beschuldige der Leiter des Rechnungswesens der Kommunikationssparte Com seine Vorgesetzten bei Siemens. Dessen Anwalt sagte, es gehe vor allem um einen früheren Com-Bereichsvorstand, doch habe auch der Zentralvorstand fragwürdige Praktiken gebilligt. "Ab einem gewissen Level wusste jeder, was da läuft", wird der Anwalt zitiert. Dieser sehe daher auch den Verdacht der Untreue zum Schaden von Siemens, wie ihn die Staatsanwaltschaft verfolge, als nicht stichhaltig an. Der inhaftierte Chefbuchhalter solle in der nächsten Woche nach weiteren Aussagen gegen Auflagen freikommen.

Rückendeckung für Ex-Vorstandschef
Ex-Siemens-Vorstandschef Heinrich von Pierer erhält inzwischen laut der "Netzzeitung" Rückendeckung von unerwarteter Seite. Der Vorsitzende von Transparency International (TI) Deutschland, Hansjörg Elshorst, halte es für unwahrscheinlich, dass Pierer von den Machenschaften in seinem Unternehmen gewusst habe. "Pierer war einer derjenigen, die an oberster Spitze aktiv mitgewirkt haben, dass das Instrumentarium gegen die Korruption verschärft worden ist, da hat er sich Ende der 90er Jahre große Verdienste erworben", sagte Elshorst. Erst in der vergangenen Woche hatte TI mitgeteilt, dass Siemens dem Wunsch der Organisation nach Austritt nachgekommen und ab sofort kein Mitglied mehr sei.

Trotz des wachsenden politischen Drucks rechnet Pierer nicht mit seiner Ablösung als Vorsitzender des Innovationsrats der deutschen Regierung. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) habe "stets bewiesen, dass sie eine sehr besonnene Persönlichkeit ist und sich nicht zu populistischen Sprüchen hinreißen lässt", sagte der in der Schmiergeldaffäre des Konzerns kritisierte Pierer der neuen Ausgabe des Hamburger Nachrichtenmagazins "Der Spiegel". Die Grünen hatten Merkel zur Entlassung Pierers aufgefordert. Wie der Aufsichtsratsvorsitzende weiter sagte, wird der Elektronikkonzern die Renditeziele des Konzerns für das kommende Frühjahr nicht korrigieren. "Siemens ist da auf gutem Weg." Zuletzt hatte das Münchner Unternehmen seinen Gewinn wegen finanzieller Belastungen aus der Affäre nach unten korrigieren müssen.

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.