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Snow wird BAWAG-Aufsichtsrats-Präsident

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Cerberus will die BAWAG zum Europa-Headquarter der GMAC, der Autofinanzierungssparte des Autoriesen General Motors, machen.

Der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB) sieht sich in hohem Maß von seiner existenzbedrohenden Schuldenlast befreit, seit Cerberus & Co am Donnerstag Abend in einem 3,2 Mrd. Euro schweren Paket die BAWAG P.S.K. zugeschlagen wurde. 600 Mio. Euro fließen via Kapitalerhöhung in die Bankbilanz. 2,6 Mrd. Euro aus dem Bankverkauf gehen direkt an den ÖGB. Der muss davon noch 200 Mio. Dollar (knapp 150 Mio. Euro) an die Refco-Gläubiger überweisen. Der Rest fließt in die klammen Gewerkschafts-Kassen zur Schuldentilgung.

Den (gestundeten) Kredit der Bayerischen Landesbank (BayernLB) von knapp 400 Mio. Euro wird der ÖGB im Frühjahr abzahlen, sofort nach dem Closing. In drei bis höchstens vier Monaten soll BAWAG-Aktienübertrag sein. Vertragsunterzeichnung ist voraussichtlich nächsten Donnerstag. Morgen, Samstag, sitzen die amtierenden BAWAG-Aufsichtsräte zusammen.

Änderungen im Aufsichtsrat
Nicht mehr lang wird der BAWAG-Aufsichtsrat in der jetzigen Formation tagen. Denn neuer Präsident des Kontrollgremiums wird im Frühjahr 2007 Cerberus-Chef John Snow, bis vor wenigen Monaten US-Finanzminister. Aufsichtsratsmandate bekommen auch die anderen künftigen Miteigentümer: Also der Unternehmer Hannes Androsch als Führer des Industriellen-Konsortiums, Wolfgang Radlegger von Wüstenrot, ein Vertreter der Generali sowie ein Vertreter der Post.

Börsegang in 5 Jahren
Durch den neuen Eigentümer sei gesichert, dass die BAWAG P.S.K. als unabhängige Bank erhalten bleibe. Dies sei auf fünf Jahre gesichert - im Finanzleben laut Bankchef Ewald Nowotny ein langer Zeitraum. In fünf bis sechs Jahren will Cerberus die BAWAG P.S.K. an die Börse bringen. Beim IPO könnte dann bereits eine österreichische Sperrminorität stehen. Aus den jetzigen kleineren Österreicher-Aktienpaketen - Post, Wüstenrot, Generali Austria, Industrielle (Androsch, Erhard Schaschl, Franz Rauch, Familie Marsoner) - wird sich ein Viertel-Anteil nicht ganz ausgehen.

Von der Angebotssumme her sei es die höchste Banken-Transaktion, die je in Österreich statt gefunden habe, sagte ÖGB-Chef Rudolf Hundstorfer. Die Übernahme der Bank Austria durch die bayerische HypoVereinsbank (HVB) war ja nicht bar: Sie ging via Aktientausch (Wert: mehr als 7 Mrd. Euro) über die Bühne.

Jobsicherheit
Die österreichische Mitbeteiligung - zur Wahrung einer "österreichischen Identität" - war für den ÖGB-Chef ebenso ausschlaggebend für den Zuschlag an das Cerberus-Konsortium wie Jobsicherheiten sowie der Preis. Für Betriebsratschefin Ingrid Streibel-Zarfl hatte die Arbeitsplatzsicherung Vorrang. Man werde sehr genau darauf achten, ob und wie sehr der neue Eigner zu seinen Zusagen stehe, ließ sie am Freitag verlauten.

Grasser gratulierte
Noch in der Nacht hat der ÖGB-Chef den Finanzminister ausführlich über die Entscheidung informiert, dass die "Hausbank der Republik" an den US-Fonds Cerberus samt Austro-Konsorten gehe. "Minister Grasser hat uns gratuliert". Im Finanzministerium zeigte man sich heute "hoch erfreut", vor allem darüber, dass der Steuerzahler aus der BAWAG-Haftung entlassen werden kann, ohne dass ein Cent daraus flüssig gemacht werden musste.

Gleich nach dem Bundesvorstand gestern Abend hat Hundstorfer auch Bundeskanzler Wolfgang Schüssel angerufen. "Alle haben mir gratuliert", berichtete der ÖGB-Chef, auch Notenbank und FMA (Finanzmarktaufsicht). "Weder der alte noch der neue Bundeskanzler hat ein Problem mit unserer Entscheidung". Heute früh wurden auch die Mitbewerber, also die Chefs der anderen Banken, kontaktiert: "Das gehört zur guten Sitte".

"Ende gut, alles gut"
"Sehr zufrieden" zeigte sich Notenbank-Gouverneur Klaus Liebscher. Er hatte ja die BAWAG-Rettungs-Aktion vom Mai gemanagt. Erst die Bundeshaftung über 900 Mio. Euro habe die Darstellung einer Bilanz ermöglicht. "Das war ein Belastungsfaktor, der unerfreulich war", resümiert Liebscher. "Das ist Geschichte jetzt, hoffe ich." Und: "Ende gut, alles gut".

Bleibt Hausbank der Republik
Die BAWAG P.S.K. soll auch unter mehrheitlich amerikanischer Eigentümerschaft nicht nur Hausbank der Gewerkschaften, sondern auch Hausbank der Republik - mit dem Bundeszahlungsverkehr etc. - bleiben. "Ja selbstverständlich" wünsche man sich das bei den neuen Eigentümern. Auch den Postvertrag will man naturgemäß verlängern.

Europa-Headquarter von GM
Cerberus will die BAWAG zum Europa-Headquarter der GMAC, der Autofinanzierungssparte des Autoriesen General Motors, machen. Das soll Milliarden an neuem Geschäft bringen. Der US-Fonds, so das Commitment, will langfristig, mindestens aber fünf Jahre, in der BAWAG drinbleiben. Fest steht, dass Cerberus & Co die BAWAG P.S.K. über eine eigene neu zu gründende Österreich-Holding übernehmen wollen. Am Steuer der Bank bleiben soll Generaldirektor Ewald Nowotny.

Generali will durchstarten
Die Generali Versicherung hat mit dem Einstieg bei der BAWAG - durch den sie im Bankvertrieb in Österreich massiv durchstarten kann - eines ihrer wichtigsten Ziele überhaupt erreicht. Der Vorstandschef der weltweiten Generali Group, Sergio Balbinot, gratulierte der Österreich-Tochter zu diesem "strategisch wichtigsten Erfolg der letzten 15 Jahre". Man habe jetzt einen flächendeckenden Bankenvertriebspartner.

Die Kunden von BAWAG (1,4 Millionen), Generali (1,6 Millionen) und Wüstenrot (1,3 Millionen) würden einander ideal ergänzen, meinte Generali-Austria-Boss Karl Stoss. Besonders hoch schätzt er auch den Postfilialverkehr ein. Die Konsortialmitglieder haben vor, mit der BAWAG das Inlandsgeschäft zu stärken sowie die Osteuropa-Aktivitäten auszubauen. Das gilt für Cerberus ebenso wie für Generali.

Cerberus mit starkem Interesse
Cerberus-Spitzenvertreter haben sich heute überhaupt das erste Mal offiziell zum BAWAG-Deal geäußert und ein "langfristiges Interesse am wirtschaftlichen Erfolg" der Bank betont. Laut Mark Neporent, Chief Operation Officer (COO) von Cerberus Capital Management, wird der Fonds ein "starker strategischer Partner" der BAWAG sein.

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