Die Ölpreise purzeln, doch der Spritpreis bleibt beharrlich über einem Euro – zur Freude der Ölriesen, die jetzt abcashen.
Die magische Grenze ist bereits zum Greifen nahe. 1,001 Euro kostete ein Liter Eurosuper gestern bei Österreichs billigster Tankstelle, einer Jet-Station in Mödling.
Damit sollte es nur mehr eine Frage von Tagen sein, bis die erste Tankstelle in Österreich Eurosuper für weniger als einen Euro pro Liter anbietet. Doch im Gegenteil kletterte der Spritpreis dann gestern im Laufe des Tages wieder nach oben.
Ein niederösterreichischer Tankwart bringt das Ärgernis gegenüber ÖSTERREICH auf den Punkt: „Eigentlich müsste Eurosuper ja bereits weniger als einen Euro kosten, aber keiner der großen Mineralölkonzerne will der Erste sein, der die psychologisch wichtige Barriere nach unten durchbricht.“
Um acht Cent zu teuer
Der Spritpreis wird also künstlich hoch
gehalten, um nicht eine für die Ölriesen schmerzliche Kettenreaktion
auszulösen, analysiert man beim Autofahrerclub ARBÖ: „Seit Ende September
sind die Eurosuper-Preise am Rohstoffmarkt in Rotterdam um knapp 35 Prozent
gefallen, an den heimischen Zapfsäulen ist Eurosuper hingegen nur um 19,5
Prozent günstiger geworden“, erklärt ARBÖ-Sprecherin Lydia Ninz. Ihre
Schlussfolgerung ist eindeutig: „Nimmt man den Rotterdamer Spotmarkt als
Maßstab, dann müsste es in Österreich schon längst Tankstellen geben, die
den Liter Eurosuper um weniger als einen Euro verkaufen.“
Laut ARBÖ-Rechnung ist der Durchschnittspreis bei Eurosuper um acht und bei Diesel um fünf Cent zu teuer. Im Schnitt kostete der Liter Eurosuper gestern 1,090 Euro und der Liter Diesel 1,121.
Ölpreis weiter im freien Fall
Hintergrund der jüngsten
Preissenkungen ist der dramatische Absturz des Ölpreises als Folge der
galoppierenden Konjunkturängste. Ein Barrel OPEC-Öl kostete gestern nur mehr
56,80 Dollar. Das ist der niedrigste Wert seit immerhin eineinhalb Jahren.
Zum Vergleich: Anfang Juli, am Höhepunkt des Spritpreis-Wahnsinns, kostete
ein Barrel OPEC-Öl noch satte 140 Dollar.
Märchenhafte Gewinne
Doch selbst der Preisverfall beim
Ölpreis bereitet den Managern der internationalen Ölmultis kein
Kopfzerbrechen. Denn während die Menschen unter den Folgen der Finanzkrise
stöhnen, sprudeln die Gewinne der Ölmultis kräftiger denn je. BP etwa
präsentierte gestern die Zahlen für das dritte Quartal. In nur vier Monaten
verdiente der Mineralölkonzern märchenhafte 10,03 Milliarden US-Dollar. Das
sind um vier Milliarden Dollar mehr als im Vorjahreszeitraum.
Wirbel um Diesel-Engpass
In Österreich soll es ab der ersten
Novemberwoche auch wieder zu einer Entspannung bei der
Diesel-Liefersituation kommen. Zuvor hatten sich Frächter und Landwirte über
Engpässe und überproportional hohe Dieselkosten beschwert. Die verlängerten
Lieferzeiten seien auf die hohe Nachfrage und Produktionseinschränkungen auf
der Raffinerieseite zurückzuführen, sagte ein Sprecher der
Mineralölindustrie. Für die Bevölkerung verheißt ein Engpass bei Diesel
freilich nichts Gutes. Nicht nur der Treibstoff, auch Heizöl könnte jetzt
trotz der sinkenden Ölpreise teurer werden.