Nicht alle Stiftungsratsmitglieder unterstützen das Vorhaben. Kritik kommt außerdem von der Journalistengewerkschaft und dem ORF-Redakteursrat.
Unmut herrscht im und über den ORF-Stiftungsrat und das Ansinnen, die berichterstattenden Journalisten künftig mit einer Bannmeile zu belegen. Offenbar unterstützen nicht alle Stiftungsratsmitglieder das umstrittene Vorhaben, das der Stiftungsratsvorsitzende Klaus Pekarek "einhellig" nannte. So betonte etwa SPÖ-"Freundeskreis"-Leiter Karl Krammer, er habe "mit der aktuellen Situation kein Problem", bei einer Abstimmung hätte er nicht für diese Maßnahme gestimmt. Kritik kam von der Journalistengewerkschaft sowie vom ORF-Redakteursrat.
Wegweisung führt zu "Mystifizierung"
Laut Krammer
sei das Vorhaben eine Entscheidung vom Stiftungsratsvorsitzenden Klaus
Pekarek, "für die er die Verantwortung trägt". In einem Medienunternehmen
sei Pressearbeit besonders wichtig, durch die Entscheidung, die Journalisten
wegzuweisen, komme es nun hingegen zu einer "Mystifizierung". Krammer hält
die Angelegenheit für eine Themenverfehlung. Der Freundeskreisleiter geht
davon aus, dass man den Entschluss vorerst einmal auf Eis legt und das
Gespräch mit den betroffenen Journalisten beziehungsweise dem Verein
Medienjournalismus Österreich sucht. Sein ÖVP-Pendant Franz Medwenitsch
wollte sich zu der Causa "in der Öffentlichkeit nicht äußern".
Kritik von der Journalistengewerkschaft
Bei Franz Bauer,
Vorsitzender der Journalistengewerkschaft, stößt das Ansinnen des
Stiftungsrats auf Unverständnis. Der ORF sei schließlich "ein Unternehmen,
das in einem besonderen öffentlichen Blickfeld steht und daher dazu
verpflichtet ist, alles zu unternehmen, dass die Öffentlichkeit besonders
informiert wird." Der Bedarf für Informationen über den ORF sei schließlich
groß, daher sei es wichtig, dass die Journalisten "umfassend, fair und
unmittelbar" berichten können.
"Stifungsrat weiss nicht was öffentlich-rechtlich bedeutet"
Heftige
Kritik kam auch vom ORF-Redakteurssprecher Fritz Wendl, der das Vorhaben als
Beispiel dafür sieht, "dass die Stiftungsratsmitglieder offenbar nicht
wissen, in welchem Unternehmen sie tätig sind. Nur wer nicht weiß, was
öffentlich-rechtlich bedeutet, kann so etwas fordern." Das Aufsichtsgremium
solle sich lieber um seine eigenen seit langem geplanten Ethikregeln kümmern
- "das wäre sinnvoller, als Journalisten auszusperren".
Ausgangspunkt war Wunsch einiger Stiftungsräte
Die
Entscheidung, dass Journalisten künftig nicht mehr vor dem Sitzungsraum im
sechsten Stock des ORF-Zentrums sitzen dürfen, ist das Ergebnis einer, wie
Pekarek betonte, "langen und ausführlichen Diskussion" über die fast ebenso
lange gesprochen wurde, wie über die finanzielle Situation des Hauses.
Ausgangspunkt war dem Vernehmen nach der Wunsch einiger Stiftungsräte, dem
ORF-Kommunikationschef und früheren Stiftungsrat Pius Strobl die Teilnahme
an Stiftungsratssitzungen zu verbieten. In dieser Angelegenheit einigten
sich die Stiftungsräte darauf, dass ORF-Chef Alexander Wrabetz künftig nur
mehr von zwei seiner Mitarbeiter begleitet werden darf.
Der Vorschlag, die Journalisten in einen separaten Raum zu verfrachten um ungestört "austreten zu können", kam von dem Anwalt Franz Krainer. Der Sohn des ehemaligen steirischen Landeshauptmanns Josef Krainer ist erst vor wenigen Monaten als Regierungsvertreter neu zu dem Gremium gestoßen, er folgte dabei Ernst Wustinger auf einem ÖVP-Ticket nach.