Internet-Fernsehen

Nun kommt das "Hulu" für Europa

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Deutsche Privatsender bereiten gemeinsames Fernsehangebot im Internet vor. Heimische Sender sind explizit eingeladen.

Die beiden großen deutschen Medienhäuser ProSiebenSat.1 und RTL entwickeln derzeit gemeinsam ein Fernsehangebot für das Internet, welches ähnlich wie das amerikanische Hulu funktionieren soll. Die Internet-TV-Plattform wird sich vom amerikanischen Vorbild jedoch in einem Punkt klar unterscheiden: "Die neue Plattform ist kein Content-Aggregator wie Hulu.com", sagte ProSiebenSat.1-Konzernsprecher Julian Geist am Freitag im Gespräch mit der heimischen Nachrichtenagentur APA. Während das amerikanische Angebot eine On-Demand-Abspielplattform ohne eigene Sender-Kanäle darstellt, sollen auf der geplanten Seite alle teilnehmenden Sender eigene "Channels" bekommen.

"Wir werden mit RTL eine technische Plattform zur Verfügung stellen, auf der sich alle Sender mit eigenem Kanal platzieren können", so Geist. Explizit eingeladen sind auch öffentlich-rechtliche Sender. "Es steht allen offen und es würde uns natürlich sehr freuen, wenn ARD und ZDF mitmachen".

Heimische Sender können mitmachen
Abgezielt wird auf den gesamten deutschsprachigen Markt, also auch österreichische Sender könnten an Bord sein. "Puls 4", im Eigentum von ProSiebenSat.1 stehend, werde "definitiv dabei sein müssen", sofern die Plattform online gehen darf, so Geist. "Hoffentlich" werde es auch einen ORF-Kanal geben.

Die Eigentümer RTL und ProSiebenSat.1 teilen sich die Ausspielplattform jeweils zur Hälfte, wobei große Gewinne vorerst nicht Ziel der Senderfamilie sind, betonte Geist. Für die Konsumenten wird der Dienst jedenfalls gratis sein. Und: Die Plattform soll kein Angebot für Live-Streamings sein, sondern für On Demand-Inhalte. Sprich: Jeder Sender kann Inhalte zum Download bereitstellen.

Rechte sollten keine Hürde darstellen
Allfälligen Rechteproblemen sieht man bei ProSiebenSat.1 derzeit gelassen entgegen. So könnte man über Geo-Routing Zugriffe auf Inhalte sperren, wenn diese nur national verbreitet werden dürfen, gibt Geist zu bedenken. Auf diese Weise schützt auch das Vorbild "Hulu.com" seine Inhalte vor Zugriffen von außerhalb der USA: Wessen Rechner außerhalb der Landesgrenzen steht, der wird automatisch gesperrt. Möglich wäre zwar eine Umgehung über Proxy-Server, was für den Durchschnittsverbraucher jedoch eine wenig attraktive Variante darstellt.

Denkbar wäre auch, für Österreich und Deutschland unterschiedliche Einstiegsseiten zu gestalten. Zu Vorgesprächen mit öffentlich-rechtlichen Sendern zeigte sich Geist zurückhaltend.

ORF wartet noch ab
ORF-Kommunikationsschef Pius Strobl zeigte sich auf APA-Anfrage abwartend: "Die Kernfrage ist, was uns das nutzen würde." Er verwies darauf, dass der ORF gemäß EU-Vorgaben ohnehin nicht alles online verbreiten dürfe. "Alles was wir ins Internet stellen dürfen, stellen wir ja ins Netz." Man werde sich das Angebot jedoch sehr genau anschauen, bevor man eine Entscheidung treffe. Klar sei jedoch, dass man keine US-Serien ins Internet stellen werde.

ATV prüft bereits
ATV-Geschäftsführer Ludwig Bauer sprach von einer "grundsätzlich sinnvollen Idee, eine möglichst große Bewegtbildplattform zu etablieren, um sich von der Vielzahl an kleinen Plattformen und Verbreitungsmöglichkeiten zu differenzieren". Ob eine Teilnahme von ATV Sinn mache, könne man jedoch erst beurteilen, wenn man die Bedingungen der Betreiber an die einzelnen Sender kenne.

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