3.096 Tage gefangen

Natascha zeigt im TV ihr Verlies

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Natascha Kampusch enthüllt neue Details ihrer Gefangenschaft.

„Natascha Kampusch – 3.096 Tage Gefangenschaft“ läuft morgen um 21 Uhr auf ARD, ab 21.50 Uhr auf ATV. Doku-Macher Peter Reichard durfte erstmals in Wolfgang Priklopils Haus filmen und interviewte Kampusch mehr als 20 Stunden lang.

Natascha Kampusch über ihre Entführung: Er packte mich und brachte mich in seinen Kastenwagen. Ich versuchte zu schreien, aber es kam kein Laut, es war ein stummer Schrei. Ich hatte in dem Moment mit meinem Leben schon abgeschlossen.

Er ist zu seiner Garage gefahren. Dort hat er mich in eine blaue Decke gewickelt und ins Haus getragen. Dann hat er mich im Verlies auf den Boden gelegt, im Finstern.

...über die ersten Tage: Er brachte mir eine Matratze. Als Polster hatte ich meine Jacke. Meine Schultasche hatte er mir weggenommen und meine Schuhe verbrannt.

Zu Beginn musste ich Plastiksackerl auf dem Kopf tragen, darunter Haarklammern. Die gruben sich in meine Kopfhaut und das hat sehr weh getan. Ich habe mir dann meine Haare gekürzt. Als er das sah, hat er gemeint, dass er mir dann gleich eine Glatze schneidet.

...über Priklopil: Er hatte ein Gewissen und er war sich seiner Taten bewusst. Aufgrund einer Kränkung war er so labil, dass er es als Lösung gesehen hat, dass er jemanden kidnappt. Er hat in mir eine Art Mitgefühl und Mitleid erweckt.

...über ihre Ängste: Er brauchte eine Stunde, um das Verlies zu öffnen, das war ein riesen Kraftaufwand. Stellen Sie sich vor, der hätte sich etwas angetan oder wäre schwächer geworden. Der hätte das nie wieder aufgekriegt. Ich wäre wie ein ägyptischer Pharao begraben gewesen und später tot, konserviert.

...über den Alltag: Er hat mich in seinen Haushalt integriert und als Arbeitstier verwendet. Er hatte einen totalen Putzzwang, hat immer alles abgewischt. Ich durfte ja nichts anfassen. Ich bin misshandelt worden, wenn ich irgendwo einen Fingerabdruck gemacht habe, nicht weil er von mir war, sondern weil er hässlich auf der Oberfläche aussah. Dann hat er meine Hand gepackt und mit dem Handrücken den Abdruck weggewischt.

...über Quälereien: Ich habe ein paar Mal, wenn er mich zu sehr gequält hat, versucht, nach der Polizei zu rufen. Dann hat er mich sofort ganz brutal gepackt, gewürgt und geschlagen.

Er wollte nicht, dass ich weine. Er hat mir mit dem Handrücken die Tränen ins Gesicht eingerieben oder mich ins Bad gezerrt und zum Waschbecken runtergedrückt. Er hat mir das Weinen verboten, weil er Angst hatte um seine Fliesen.

...über ihre Flucht: Der Täter war am Handy und hat mir befohlen, das Auto auszusaugen. Er ging, weil es so laut war, zum Swimmingpool rüber, es könnten so elf Meter gewesen sein. Ich habe diese Gelegenheit genutzt, habe den Staubsauger einfach weiterlaufen lassen und bin weggelaufen, so schnell mich meine Füße trugen.

... über die Reaktionen in der Öffentlichkeit: Ich bin für mein Leben geächtet. Das heißt, ich habe einen Stempel auf meiner Stirn, wo darauf steht: Gewaltopfer. Es wird mir nie oder selten jemand wertfrei begegnen können. Ich löse in vielen Menschen unbewusste Aggressionen aus. Vielleicht liegt das daran, dass die ganze Tat Aggressionen auslöst. Und da ich die einzige Person bin, die noch greifbar ist, bin ich die, die das abkriegt.

Ich wünsche mir, dass die Menschen einen natürlichen Umgang mit mir haben. Ich habe auch eine Chance verdient, so wie jeder andere.

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