Paradise Papers

Ruth Elsner teilt gegen Justiz aus

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Nach den Paradise Papers spricht nun die Frau von Ex-BAWAG-Chef Helmut Elsner.

Auf der Rechercheplattform Addendum äußert sich Ruth Elsner äußerst kritisch zum Umgang mit ihrem Mann. Sie spricht von „korrupten Dingen, die passiert sind“, und nennt den Prozess gegen ihren Mann „eine Inszenierung“.

Eine Dekade des Kampfes für ihren Mann hat Ruth Elsner nicht müde gemacht. Sie versucht weiter, ihren Mann zu rehabilitieren. „Ich muss sagen, dass sich meine Sicht auf die österreichische Justiz total geändert hat“, sagt sie im Gespräch mit dem Addendum-Team. Die Staatsanwaltschaft, so dachte sie immer, sei dazu da, um Dinge aufzuklären. Heute wirft sie voller Überzeugung ein, dass im Fall der verschwundenen Milliarde der Gewerkschaftsbank „nicht alles mit rechten Dingen zugegangen ist“.

„Ich bin überzeugt, dass hier sehr viele korrupte Dinge passiert sind, dass hier wirklich an meinem Mann ein Verbrechen begangen wurde“, sagt sie und wirft der Justiz vor, nie seriös verfolgt zu haben, was Flöttl wirklich mit den BAWAG-Millionen gemacht hat. Sie vermutet wahltaktische Gründe im Jahre 2006: „Die SPÖ wollte, dass dieses Thema nicht ihr zu Last gelegt wird, dass die Wähler nicht sagen: ‚Ihr könnt ja nicht einmal eine Bank führen, wie wollt ihr da einen Staat regieren.‘“ Das Verfahren gegen ihren Mann sei ein Schauprozess gewesen.

Das Ehepaar hofft nun – im Zuge der Veröffentlichungen der Paradise Papers - auf die Wieneraufnahme des Verfahrens.

Justiz wird sich Flöttls Karibik-Firmen ansehen

Die jüngsten Veröffentlichungen der "Paradise Papers" könnten der rechtskräftig abgeschlossenen Causa BAWAG tatsächlich eine Wende geben. Auf der Karibik-Insel Aruba hatte BAWAG-Investor Wolfgang Flöttl in den 90er Jahren sieben Firmen, die bisher auch dem damaligen Gerichtsgutachter Fritz Kleiner unbekannt waren. Nun will die Justiz die neuen Informationen ansehen, auch ein Rechtshilfeverfahren ist möglich.

Es geht um den Verbleib der BAWAG-Gelder: Während Flöttl behauptet, er habe mehrere Male einen Totalverlust mit den ihm von der Bank anvertrauten Millionen erlitten, behauptet Ex-BAWAG-Chef Helmut Elsner seit Jahren, Flöttl habe das Geld nicht verloren, sondern zumindest zum Teil in die eigene Tasche gesteckt.

Sieben Gesellschaften auf Aruba

Nun wurde im Zuge der "Paradise Paper"-Veröffentlichungen bekannt, dass Flöttl im Jahr 1990 binnen eines Monats sieben Gesellschaften auf Aruba gegründet hatte, deren Direktor er selber war. Erst 1999 und 2000 hatte er demnach diese Gesellschaften wieder aufgelöst. Damit erfolgte die Auflösung erst nach dem angeblichen "Totalverlust" von insgesamt über einer Milliarde Euro BAWAG-Gelder. Wozu die Gesellschaften dienten, blieb offen. Flöttls Anwalt Herbert Eichenseder verteidigt seinen Mandanten gegen wie er formulierte "uralte Behauptungen". Flöttl hat stets alle Vorwürfe, er hätte sich Geld eingesteckt, zurückgewiesen.

Strafrecht-Sektionschef Christian Pilnacek erklärte gegenüber dem Ö1-Mittagsjournal des ORF-Radio: "Wir werden uns diese Informationen natürlich ansehen und die Staatsanwaltschaft Wien wird dann ihre Schlüsse daraus ziehen". Die Firmendaten sind bekannt, die Geschäfte der Aruba-Firmen allerdings nicht. Die österreichische Justiz könne versuchen, das im Rechtshilfeweg aufzuklären, erwägt Pilnacek. Vielleicht ergebe sich durch die neuen Informationen auch im Refco-Verfahren, wo die Staatsanwaltschaft seit vielen Jahren ermittelt, ein neuer "Ermittlungsansatz", meint der Sektionschef.

Helmut Elsner Wofgang Flöttl BAWAG
© APA/ Schlager

Flöttl freigesprochen

Für Flöttls Anwalt Eichenseder ist die Sache hingegen klar: Flöttl sei freigesprochen. Im BAWAG-Verfahren habe der damalige Staatsanwalt Georg Krakow sogar einen US-Staatsanwalt eingeschaltet - aber "es ist nichts herausgekommen, was für Flöttl negativ wäre", so der Verteidiger.

Auch Ex-BAWAG-Generaldirektor Helmut Elsner hat sich zu den jüngsten Enthüllungen über bisher unbekannte Firmen von Flöttl in der Karibik geäußert. "Das überrascht mich nicht", sagte Elsner Montagvormittag zur APA. Elsner behauptet seit Jahren, Flöttl habe die verlorenen BAWAG-Millionen nicht verspekuliert, sondern gestohlen. Der Beschuldigte weist alle Vorwürfe zurück. Nun sehe er in den neuen Fakten Beweise für seinen Standpunkt, so der heute 82-jährige Elsner.

Elsner wiederholte im APA-Gespräch auch seine Vorwürfe gegen die österreichische Justiz und gegen seinen früheren Arbeitgeber. "Das hätte schon längst erhoben gehört von der Staatsanwaltschaft, und auch die BAWAG macht nichts", kritisiert der Ex-Banker. "Das ist alles höchst verwunderlich".

Auch Elsner-Anwalt Andreas Stranzinger ist nach Durchsicht der Dokumente, die auf Flöttl lauten, alarmiert: "Der Zeitraum ist hochbrisant." Flöttl spekulierte im Auftrag der BAWAG zunächst von 1988 bis 1994, unter seinem Vater Walter Flöttl, dem damaligen BAWAG-General. Die Geschäfte warfen Gewinn ab. 1995 begannen die Karibik-Geschäfte neuerlich und liefen bis 1999 - diesmal unter BAWAG-General Elsner. Dabei wurden die Geschäfte bekanntlich zum Fiasko. Stranzinger verweist gegenüber dem ORF auf einen Widerspruch, da Flöttl sagte, ich bin pleite, und tatsächlich hätten aber Gesellschaften auf Aruba existiert. Mit diesen neuen Unterlagen könne er den noch offenen Wiederaufnahme-Antrag Elsners weiter füttern.

Ein Rückblick

Elsner war im BAWAG-Prozess wegen Untreue zur Höchststrafe von zehn Jahren Haft verurteilt worden. Elsner verbrachte unter Anrechnung der U-Haft insgesamt viereinhalb Jahre im Gefängnis, ehe er im Juli 2011 aufgrund einer schweren Erkrankung als haftunfähig eingestuft und entlassen wurde. Flöttl hatte keinen einzigen Tag hinter Gittern verbracht, er wurde bei der Wiederholung des Prozesses rechtskräftig freigesprochen und lebt in New York. Elsner hat einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gestellt.

Helmut Elsner
© Privat

Ex-BAWAG-Generaldirektor Helmut Elsner (71) ist am 14. 9. 2006 aufgrund des Verdachts der "Fluchtgefahr" in seiner Villa in Südfrankreich festgenommen worden. Elsner war von 1995 bis 2003 Chef der Gewerkschaftsbank.

Elsner wird mit seinem Nachfolger und Ex-BAWAG-Chef Johann Zwettler für die Wiederaufnahme der umstrittene Karibikgeschäfte und dem daraus folgenden Milliarden-Spekulationsverlust verantwortlich gemacht, weswegen die Regierung in einer Krisensitzung eine 900-Mio.-Euro-Staatshaftung für die angeschlagene Bank beschlossen hat.

Flöttl Mann fürs Grobe

Elsner wurde am 12. Mai 1935 in Wiener Neustadt als Sohn einer Kastner&Öhler-Angestellten geboren. Nach der Handelsakademie trat er mit 20 Jahren in eine Filiale der Arbeiterbank ein, wie die BAWAG damals hieß. Elf Jahre später war er deren Filialleiter. 1978 wurde er von seinem Vorgänger als BAWAG-Chef, Walter Flöttl, in die Zentrale nach Wien geholt, wo er für das Kommerz-Großkundengeschäft verantwortlich war. Dort galt er bald als "Flöttls Mann für das Grobe".

Wolfgang Flöttl / BAWAG
© TZ ÖSTERREICH/Kernmayer

Im Laufe seines Aufstieges hatte Elsner den elitären Lebensstil kennengelernt. Er habe sich stets mehr der internationalen Hochfinanz als zu seinen Sparern hingezogen gefühlt, heißt es. Im Gegensatz zu Flöttl wurde Elsner in verschiedenen Medienberichten nachgesagt, dass er gerne "im Stile Rockefellers, mit der dicken Zigarre im Mund und seinem Hund an der Leine, über den Kohlmarkt schlenderte". "In Wirklichkeit ist er ein ehrgeiziger, eitler, karrieregeiler Manager", lautete die Analyse eines Bankers 1995, als Elsner BAWAG-Chef wurde. Spätestens seit den ersten Karibik-Geschäften, die 1994 aufflogen, ist auch das sportliche Hobby Elsners bekannt: Die Leidenschaft Golf.

Als BAWAG-Chef ließ sich Elsner eine Dienstwohnung mit Pool am Dach der BAWAG, Hochholzerhof, bauen, wozu aufwendige Umbauten am historischen Gebäude notwendig waren. Elsner folgte damit dem Beispiel seines Vorgängers Flöttl, der für sich und dem heute zurückgetretenen ÖGB-Chef Fritz Verzetnitsch Pool und Penthouse auf das Dach des BAWAG-Gebäudes am Fleischmarkt setzen ließ, das dazu verstärkt werden musste. Elsner wohnt nicht nur exklusiv, er widmete sich auch den schönen Künsten.

Club 2

Zu größerer Bekanntheit kam Elsner 1994, als er im Club 2 die ersten Karibikgeschäfte der BAWAG mit Flöttl-Sohn Wolfgang verteidigte. "Unbarmherzig gegenüber BAWAG-Kritikern spielte er die sie mit dem Charme einer Rasierklinge und der Wärme eines Eisschrankes an die Wand", schrieb damals eine Zeitung.

Elsners nächster größerer öffentlicher Auftritt erfolgte im Zusammenhang mit der Atomic-Pleite. Den Skihersteller und Atomic-Gründer Alois Rohrmoser schickte die BAWAG in Konkurs, das Unternehmen wurde verkauft, die Bank bekam jeden Groschen samt Zinsen zurück. Es folgten Probleme mit dem Dichtungshersteller Economos, den die BAWAG an die Börse gebracht hatte.

Am Höhepunkt seiner Macht stand Elsner 2000 nach der erfolgreichen Übernahme der P.S.K.. Durch diesen Deal stieg Elsner neben Bank Austria-Chef Gerhard Randa und Erste Bank-Chef Andreas Treichl zur damaligen Nummer drei unter den heimischen Bankern auf. Genau in diesem Jahr hatte die BAWAG freilich den "Karibik II"-Milliardenverlust aufgehäuft, der die rettende Garantie des ÖGB nötig machte.

Gerne rief Elsner, der sich in Freundeskreisen "Marcel" rufen lässt, Gerichte zu Hilfe, wenn ihm etwas gegen den Strich ging. "Wer mich angreift, wird geklagt", lautete dabei sein Motto. Als ihn 2003 die "Süddeutsche Zeitung" wegen seiner Millionen-Abfertigung und seines 300.000 Euro Lotterien-Gehalts als "Abzocker" und "Raffzahn" bezeichnete, klagte er sofort und verlor in der letzten Instanz.

Ruth Elsner teilt gegen Justiz aus
© TZ ÖSTERREICH

Unmut

Für Unmut beim ÖGB sorgte Elsner erstmals, als er seine Differenzen mit dem streitbaren P.S.K.-Betriebsratschef Volkmar Harwanegg vor Gericht austrug. Harwanegg hatte kurz nach der P.S.K.-Übernahme davor gewarnt, "wie ein Christbaum abgeräumt" zu werden. Beim Prozess 2002 fühlte sich Elsner von einem Fotografen belästigt, worauf dieser mit der Aktentasche des Bankers Bekanntschaft machte. Auch bei den Auseinandersetzungen mit Konsumentenschützern wegen zu hoher Kreditzinsen zog die BAWAG unter Elsner regelmäßig vor Gericht.

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