OECD-Bildungsstudie

Unsere Lehrer arbeiten zu wenig

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Pädagogen sind zu wenig in Klassen - Österreich liegt unter OECD-Schnitt.

Das neue Schuljahr hat gerade erst begonnen, schon droht Österreichs Lehrern die erste öffentliche „Watschen“.

Der Grund: Heute um 11 Uhr präsentierte die OECD in Berlin, Brüssel und Madrid offiziell ihre Studie „Bildung auf einen Blick 2012“. Darin wird erneut belegt, dass Österreichs Lehrer im Vergleich mit ihren Berufskollegen in anderen OECD-Ländern kürzer in der Klasse stehen, gleichzeitig aber mehr verdienen.

Einzig Österreichs Volksschullehrer unterrichten mit 779 Stunden pro Jahr etwa so viel wie ihre Berufskollegen im OECD-Schnitt (782 Stunden). Pädagogen in der Sekundarstufe I (Hauptschule, AHS-Unterstufe, Neue Mittelschule) und Sekundarstufe II (AHS-Oberstufe; berufsbildende mittlere und höhere Schule, BMHS) kommen unterdessen mit 607 bzw. 589 Stunden pro Jahr auf deutlich weniger Unterricht in der Klasse als Lehrer im OECD-Schnitt (704 bzw. 658 Stunden pro Jahr).

Lehrerverdienst, Grafik
© APA

Beim Einkommen (exklusive Zulagen) haben Österreichs Lehrer unterdessen die Nase vorne: Die Einkommen sind bereits zu Berufsbeginn in allen Lehrergruppen höher als im OECD-Vergleich. In Österreich verdienen Lehrer in der Volksschule beim Einstieg rund 30.800 US-Dollar Jahresgehalt (kaufkraftbereinigt), im OECD-Schnitt sind es knapp 28.500 Dollar. Lehrer der Sekundarstufe I starten mit 32.200 Dollar (OECD-Schnitt: 29.800), Lehrer der Sekundarstufe II mit 32.700 Dollar (OECD-Schnitt 30.900).

Ebenfalls überdurchschnittlich fällt bei Österreichs Lehrern die Gehaltssteigerung aus: Nach 15 Berufsjahren liegt das Einkommen 2.300 bis 4.800 Dollar über dem OECD-Schnitt. Zum Ende ihrer Laufbahn verdienen heimische Lehrer mit knapp 61.000 Dollar (Volksschule) bzw. 63.400 (Sekundarstufe I) und 66.500 Dollar (Sekundarstufe II) etwa das Doppelte ihres Einstiegsgehalts. Im OECD-Schnitt sind es rund 160 Prozent.

Die renommierte Studie durchleuchtet anhand von 300 Faktoren Österreichs Bildungssystem im Vergleich zu anderen OECD-Staaten – auf 688 Seiten geht es um Ausgaben für Bildung, Gehälter für Lehrer oder die Anzahl der Stunden von Lehrern in der Klasse.

Für Bildungsministerin Claudia Schmied (SPÖ) kommen die erschreckenden Zahlen gerade recht. In den Verhandlungen zum Lehrer-Dienstrecht tritt sie dafür ein, dass Lehrer mehr arbeiten und 24 Stunden pro Woche in der Klasse stehen.

Wir sind auf einem guten Weg, aber noch nicht am Ziel", resümierte Schmied die Ergebnisse der Studie. "Die Aufholjagd im Bildungsbereich hat begonnen", so Schmied bei einer Pressekonferenz am Dienstag. Nun gelte es, hartnäckig und unbeirrbar weiterzuarbeiten und den etwa mit Bildungsstandards, der neuen Oberstufe und Matura sowie mehr Ganztagsangeboten eingeschlagenen Weg konsequent fortzusetzen und sich "nicht beirren zu lassen von Zwischenrufen oberhalb und unterhalb der Gürtellinie".
 

Androsch: "Reform ist überfällig"
ÖSTERREICH:
Herr Androsch, als Initiator des Bildungs-Volksbegehrens: Österreich soll sich in der neuen OECD-Studie nicht verbessert haben. Überrascht Sie das?
Hannes Androsch:
Das überrascht mich nicht. Die Blockaden sind nicht zu Fall gebracht. Eine Reform ist eigentlich längst überfällig. Ich schätze die Bemühungen der Bildungsministerin Schmied, aber man kann nicht noch bis zur nächsten Regierung warten.

ÖSTERREICH: Was muss jetzt im Bildungssystem passieren?
Androsch:
Es bewegt sich ja jetzt einiges, siehe die Ankündigung von Günther Platter in Tirol. Langsam bröckeln die Fronten. An sich müssen Lehrer viel mehr Stunden in der Klasse stehen, Junglehrer gehören besser bezahlt, und alle Lehrer brauchen eine akademische Ausbildung.

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