Flüchtlingskrise

Idomeni-Drama: Helfer schlagen Alarm

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Der Idomeni-Horror geht weiter. Helfer schlagen Alarm: „Macht die Grenzen auf.“

Eine der Helferinnen in Idomeni ist die Wienerin Fanny Müller-Uri. Seit vier Wochen ist sie vor Ort, arbeitet gemeinsam mit 15 anderen für das Projekt „Moving Europe“: „Unser Ziel ist es, Flüchtlinge entlang der Balkanroute zu unterstützen, ihnen beizustehen.“ Sie klagt an: „Was in Idomeni passiert, ist unerträglich. Hier werden Tausende Menschen festgehalten. Unter schlimmsten Umständen. Es regnet seit zwei Wochen, ist kalt, die Zustände werden immer schlimmer, unerträglicher.“ Und: „Idomeni ist illegal. Die Menschen haben ein Recht auf Asyl in Europa.“

Wienerin verhaftet, gegen Strafzahlung wieder frei

Sturm
Müller-Uri war dabei, als 700 Flüchtlinge versuchten, auf eigene Faust von Griechenland nach Mazedonien zu gelangen. Der Massen-Exodus scheiterte: Drei Afghanen, zwei Männer und eine Frau, ertranken beim Überqueren des Grenzflusses. Die 700 Flüchtlinge wurden von der mazedonischen Armee in Empfang genommen und Stunden später auf Lastwagen zurück nach Griechenland gebracht. 80 Journalisten und Aktivisten, die den Elends­treck begleitet haben, wurden verhaftet, darunter auch Müller-Uri: „Sie wollten verhindern, dass darüber berichtet wird“, sagt sie im Interview (siehe unten).

Marsch
Auch wurde den Aktivisten vorgeworfen, per Flugblatt Flüchtlinge zum Sturm auf die Grenze „aufgefordert“ zu haben. Caritas-Helfer Thomas Preindl, selbst in Idomeni, sagt zu ÖSTERREICH: „Ich hab nur gesehen, wie die Leute losmarschiert sind – mich wundert das aber nicht. Die Lage ist kritisch, das war vorhersehbar.“

Auch Erich Fenninger, Chef der Volkshilfe, war in Idomeni, er sagt zu ÖSTERREICH: „Die Menschen wollen sich nur in Sicherheit bringen. Man hat es verabsäumt, die Tausenden Flüchtlinge zu versorgen und sie zu informieren. Der Exodus war die logische Folge.“

Müller-Uri: "Regen, Kälte und Tausende im Dreck"

ÖSTERREICH: Sie saßen in Mazedonien stundenlang in Haft, weil Sie Flüchtlinge nach Mazedonien begleitet haben …

Fanny Müller-Uri:Wir sind sofort von den Flüchtlingen getrennt und auf eine Polizeiwache gebracht worden – Journalisten, freiwillige Helfer, Aktivisten. Es sollte wohl die Berichterstattung verhindert werden.

ÖSTERREICH: Es heißt, die Flüchtlinge sind durch ein Flugblatt von Aktivisten zum Marsch über die Grenze aufgefordert worden?

Müller-Uri:Davon habe ich auch gehört, aber das ist doch völlig absurd. 14.000 sitzen in Idomeni fest, es regnet seit vielen Tagen, ist kalt, hat nur fünf Grad, die Zustände werden immer schlimmer, es ist unerträglich. Ich bin seit vier Wochen hier, arbeite mit 15 anderen für das Projekt „Moving Europe“. Die Menschen, die hier verzweifelt festsitzen, brauchen solche Aufrufe nicht. Sie kennen den Weg nach Europa selbst, müssen das Risiko eingehen. Die Vorwürfe gegen Aktivisten sind somit abwegig.

ÖSTERREICH: Was ist Ihr Vorwurf an die Politik?

Müller-Uri: Menschenrechte werden hier mit Füßen getreten, die Grenzschließungen sind illegal.

VIDEO: Schlamm-Camp in Idomeni

Video zum Thema: Dramatische Szenen auf dem Weg nach Mazedonien
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