Nach Katastrophe

MH17: Druck auf Russland nimmt zu

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Kerry ruft Europäer zur Verschärfung der Sanktionen auf.

Nach dem Abschuss einer malaysischen Passagiermaschine über der Ostukraine steigt der Druck auf Russland. Frankreich, Deutschland und Großbritannien haben Moskau am Sonntag mit einer Verschärfung der EU-Sanktionen wegen seiner Haltung gegenüber den pro-russischen Separatisten gedroht. "Das ist Augenblick der Wahrheit für Putin", sagte auch US-Außenminister John Kerry.


Separatisten verhalten sich unkooperativ:

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel forderte in einem Telefongespräch mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin ein schnelles Treffen der Kontaktgruppe aus Ukraine, Russland und OSZE mit den Aufständischen. Zuvor hatte Merkel im Einklang mit Frankreich und Großbritannien Russland neue EU-Sanktionen angedroht. Putin müsse umgehend Druck auf die Separatisten ausüben, um den Ermittlern einen ungehinderten Zugang zur Absturzstelle von Flug MH17 zu gewährleisten.

Konsequenzen angekündigt
Sollte Russland nicht "unverzüglich die nötigen Maßnahmen ergreifen", werde dies beim EU-Außenministerrat am Dienstag Konsequenzen haben, teilte das französische Präsidialamt nach einem Telefongespräch von Präsident Francois Hollande mit Merkel und dem britischen Premierminister David Cameron mit. Dieser hatte zuvor für eine Verschärfung der Sanktionen gegen Russland plädiert.

US-Außenminister Kerry rief die Europäer in mehreren TV-Interviews auf, die Sanktionen gegen Russland zu verschärfen. Es wäre enorm hilfreich, wenn einige europäische Länder, die bisher "ein wenig abgeneigt" seien, sich den USA anschlössen, sagte Kerry am Sonntag dem Sender CNN. Er sprach von einer enormen Menge an Fakten, die die russische Verbindung zu den Separatisten belegen würden. So seien auch die Raketen zum Abschuss von Flug MH17 aus Russland gekommen. "Es ist ziemlich klar, dass dieses System von Russland in die Hände der Separatisten gelangte."

Beweise vorhanden?
Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko sagte, dass seine Regierung "unwiderlegbare" Indizien für die Schuld der Separatisten habe. "Wir haben Satellitenbilder des Abschussortes sowie Fotos und Videos eines Raketenabwehrsystems, was von Waffentransporten aus Russland zeugt", sagte er in Kiew. "Die Terroristen behindern die Ermittlungen und haben die Flugschreiber an sich genommen, aber das wird sie nicht retten."

Ukrainischen Angaben zufolge wurden die Flugabwehrraketen des Typs BUK nicht nur von Russland aus in die Ukraine gebracht, sondern sind auch von drei Russen bedient worden seien. Inzwischen seien die mobilen Waffensysteme wieder nach Russland zurückgebracht worden.

Audiomitschnitt echt
US-Experten bestätigten unterdessen auch die Authentizität jenes Audiomitschnitts, der nach dem Abschuss der Maschine angefertigt worden sei. Darin hatte ein Separatist einem Gesprächspartner vom Abschuss des Flugzeugs berichtet und gesagt, dass es sich "hundertprozentig" um ein ziviles Flugzeug gehandelt habe. Laut der US-Botschaft in Kiew wurde die Aufzeichnung mit früheren Tondokumenten verglichen.

200 Leichen wurden von den Separatisten in einen Zug nahe der Ortschaft Tores gebracht, nachdem es internationale Kritik am würdelosen Umgang mit den Leichen gegeben hatte. Die Regierung in Den Haag gab bekannt, dass niederländische Experten die internationale Identifizierung der Opfer koordinieren werden. Experten sollten am Montag zur Absturzstelle fahren, teilte der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte am Sonntagabend in Den Haag mit. Von den 298 Insassen der Maschine waren 193 Niederländer.

OSZE im Einsatz
Der Anführer der Separatisten, Alexander Borodaj, sagte, einige Gegenstände des Flugzeugs und vielleicht auch die Flugschreiber seien in ihrer Hand. Es seien "Flugzeugteile" gefunden worden, die "Black Boxes ähneln". Aus Mangel an Spezialisten könnten sie die Teile nicht selbst untersuchen. Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) hatten am Sonntag abermals Teile die Absturzstelle besucht.

Im UNO-Sicherheitsrat wurde eine Resolution vorbereitet, um den mutmaßlichen Abschuss der Maschine zu verurteilen. Darin sollen zugleich die Separatisten aufgefordert werden, den Zugang zur Absturzstelle zu ermöglichen. An die Staaten der Region soll die Aufforderung ergehen, bei der internationalen Untersuchung zu kooperieren. Diplomaten zufolge könnte am Montag über den Entwurf abgestimmt werden.

Niederlande betet
In den Niederlanden wurde am Sonntag für die Opfer des Absturzes gebetet. Zehntausende trugen sich in die Kondolenzlisten in Rathäusern, Ministerien und auch auf dem Amsterdamer Flughafen Shiphol ein. Von dort war Flug MH17 gestartet. An den Wohnorten der Opfer kamen Bürger zu Trauermärschen zusammen und legten Blumen vor die Wohnhäuser. Feste und Sportwettkämpfe begannen vielerorts mit einer Schweigeminute. König Willem-Alexander und Königin Maxima wollten am Montag zu einem nicht-öffentlichen Treffen mit den Angehörigen der Opfer zusammenkommen.

Der malaysische Ministerpräsident Najib Razak forderte die Bevölkerung nach dem bereits zweiten Absturz einer Malaysia-Airlines-Boeing innerhalb weniger Monate zum Zusammenhalt auf. "Die Malaysier müssen im Angesicht dieser Krise standhaft und vereint bleiben", sagte Najib am Sonntag. Das Parlament solle nächste Woche in einer Krisensitzung über Konsequenzen aus der Flugzeugkatastrophe beraten.
 

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