Indien

Massensterilisierung: Zehn Frauen tot

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Mehr als 20 weitere Patientinnen schweben in Lebensgefahr.

Nach einer Massensterilisierung sind in Indien zehn Frauen gestorben. Mehr als 60 Patientinnen wurden wegen Komplikationen ins Krankenhaus gebracht, 24 von ihnen schwebten in Lebensgefahr, wie ein Regierungsvertreter des Bundesstaates Chhattisgarh, wo die Eingriffe vorgenommen worden waren, am Dienstag sagte.

Die Ursache für den tragischen Ausgang der Behandlung war zunächst unklar. Vier ranghohe Mitarbeiter der Gesundheitsbehörden wurden vom Dienst suspendiert.

Als Maßnahme zur Geburtenkontrolle bietet der indische Staat Frauen eine kostenlose Sterilisierung an. Willigen sie ein, erhalten sie zur Belohnung umgerechnet 18 Euro. Im Bezirk Bilaspur hatten sich den Angaben zufolge mehr als 80 Frauen am Samstag dem Eingriff unterzogen. "Seit Montag häuften sich die Probleme, mehr und mehr Frauen wurden mit extremer Übelkeit, niedrigem Blutdruck und anderen Problemen in die Krankenhäuser gebracht", sagte der örtliche Regierungsvertreter Sonmani Bora. Einige Ärzte vermuteten, die nach dem Eingriff verabreichten Medikamente könnten bei dem dramatischen Ausgang eine Rolle gespielt haben.

Zahlreiche Einwohner gingen am Dienstag in Bilaspur auf die Straße und forderten rasche Aufklärung sowie sofortige Konsequenzen für die behandelnden Ärzte. Nach einem Bericht der Zeitung "Indian Express" wurden die Sterilisierungen in Bilaspur von einem Arzt und seinem Assistenten innerhalb von fünf Stunden vorgenommen. Der leitende Amtsarzt sagte dem Blatt, er könne keine "Nachlässigkeiten" bei der Arbeit seines Kollegen erkennen. Ungeachtet dessen wurde gegen den verantwortlichen Arzt inzwischen Anzeige erstattet. Die Regierung von Chhattisgarh kündigte zudem eine Entschädigung für die Familien der Opfer von umgerechnet jeweils 5.200 Euro an.

Das nationale Familienplanungsprogramm der indischen Regierung setzt traditionell auf die Sterilisierung von Frauen, da sie in dem patriarchalischen System des Landes bei Männern tabu ist. Obwohl der Eingriff freiwillig ist, führen Geburtsquoten und die Anreize in manchen Bundesstaaten immer wieder dazu, dass Frauen zu der OP genötigt werden. So bieten örtliche Behörden Paaren mitunter auch Autos oder Haushaltsgeräte an, sollten sie einer Sterilisierung der Frau zustimmen. Vorgenommen wird diese dann oftmals in Einrichtungen, die für derartige Masseneingriffe nicht ausgerüstet sind.

Im vergangenen Jahr sorgten Aufnahmen aus Westbengalen für Empörung. Auf denen war zu sehen, wie dutzende bewusstlose Frauen nach einer Massensterilisierung einfach in einem Feld abgelegt wurden, weil das Krankenhaus so viele Patientinnen gar nicht aufnehmen konnte. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch hatte die indische Regierung bereits vor zwei Jahren aufgefordert, ein unabhängiges Meldesystem für Zwangssterilisierungen oder miserable Standards in Sterilisierungszentren einzurichten.

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