Keine Überlebenden

Tupolew-Absturz mit Rote-Armee-Chor: 92 Tote

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Militärmaschine über Schwarzem Meer verunglückt - Putin versprach "sorgfältige Untersuchung".

Beim Absturz einer russischen Militärmaschine über dem Schwarzen Meer dürften alle 92 Insassen ums Leben gekommen sein. Es gebe keine Hoffnung auf Überlebende, erklärte das Verteidigungsministerium am Sonntag in Moskau. An Bord der Tupolew Tu-154 waren unter anderen 64 Mitglieder des Alexandrow-Ensembles, das auch als Chor der Roten Armee bekannt ist.

Nach Angaben des Verteidigungsministeriums war das Flugzeug am frühen Sonntagmorgen nahe der Schwarzmeerstadt Sotschi in Richtung Syrien gestartet und kurz darauf vom Radar verschwunden. "Die Absturzstelle der Tu-154 wurde bestimmt", erklärte ein Armeesprecher. Demnach wurden Trümmerteile der Tupolew etwa 1,5 Kilometer von der Küste entfernt in 50 bis 70 Meter Tiefe gefunden.

An den Such- und Bergungsarbeiten waren mehr als 3.000 Helfer, 27 Schiffe und Boote, 37 Taucher sowie vier Hubschrauber, ein Flugzeug und Drohnen beteiligt. Etwa hundert weitere Taucher wurden noch erwartet, wie Armeesprecher Igor Konaschzenkow sagte. Zehn Leichen seien bisher geborgen worden.

Armeechor sollte im Westen Syriens auftreten

An Bord der Maschine waren 84 Passagiere sowie acht Crew-Mitglieder, wie das Verteidigungsministerium mitteilte. Neben den Chormitgliedern saßen auch acht Militärangehörige in der Maschine, unter ihnen der Dirigent des Chors, Waleri Chalilow. Der Armeechor sollte bei den Neujahrsfeiern auf dem russischen Luftwaffenstützpunkt in Hmeimim im Westen Syriens auftreten. Russland hatte im September 2015 in den Bürgerkrieg in Syrien eingegriffen und unterstützt den syrischen Staatschef Baschar al-Assad.

Unter den Insassen befanden sich auch neun Journalisten, zwei ranghohe Beamte sowie Elisaweta Glinka, Leiterin einer bekannten russischen Hilfsorganisation. Glinka wollte der Universitätsklinik von Lattakia Medikamente überbringen, wie der Vorsitzende des russischen Menschenrechtsrat, Michail Fedotow, laut der Nachrichtenagentur Interfax sagte.

Der russische Präsident Wladimir Putin ordnete unterdessen eine eintägige Staatstrauer für Montag an. Im Staatsfernsehen sagte er zudem, es werde eine "sorgfältige Untersuchung" zu den Unglücksursachen geben. Es werde "alles getan" werden, um den Angehörigen der Verstorbenen zu helfen. Zuvor hatte Putin die Regierung beauftragt, eine Ermittlungskommission zu bilden. Regierungschef Dmitri Medwedew vertraute die Leitung dieser Kommission Verkehrsminister Maxim Sokolow an. Dieser sollte sich noch am Sonntag zum Unglücksort begeben.

Tupolew-Maschine war seit 1983 im Einsatz

Zur Unglücksursache lagen zunächst keine gesicherten Informationen vor. Ein terroristischer Anschlag wurde eher ausgeschlossen. Die russische Nachrichtenagentur RIA berichtete unter Berufung auf Sicherheitskreise, vorläufige Daten ließen auf einen technischen Defekt oder einen Pilotenfehler schließen. Laut Verteidigungsministerium war die abgestürzte Maschine seit 1983 im Einsatz und hatte 6.689 Flugstunden absolviert. Die letzte Reparatur war demnach im Dezember 2014, zuletzt inspiziert wurde das Flugzeug im September.

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach Putin ihr Mitgefühl aus. Ihre Gedanken seien bei den Angehörigen der vielen Opfer, teilte Merkel dem Kreml-Chef nach Angaben von Vize-Regierungssprecherin Ulrike Demmer am Sonntag mit. Ähnlich äußerten sich der türkische Regierungschef Binali Yildirim und der US-Botschafter in Russland, John Tefft. Auch Syriens Machthaber Baschar al-Assad kondolierte.

Russland beherrscht die militärische Lage in Syrien, doch sind zuletzt auch die eigenen Opferzahlen angewachsen. Nun muss Moskau den Verlust seines berühmten Armeechores verkraften. Die Tragödie stehe "in keinem Zusammenhang mit dem Vorgehen der russischen Luftwaffe in Syrien", beeilte sich zwar der Außenpolitiker Franz Klinzewitsch vom russischen Föderationsrat mitzuteilen. "Eine 100-prozentige Sicherheit im Luftverkehr kann niemand garantieren." Aber der stellvertretende Kulturchef des Moskauer Stadtverwaltung, Alexander Kibowski, sagte: "Das Alexandrow-Ensemble ist unser Stolz. Dazu gehören viele Soldaten, die in Krisengebieten waren, und auf gewisse Weise sind sie jetzt im Einsatz umgekommen."

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