Präsidentenwahl

Wahlkrimi in Ägypten: Islamisten jubeln

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Kandidat der Muslimbrüder liegt nach deren Angaben voran.

Nach der ersten Runde der Präsidentenwahl in Ägypten zeichnet sich eine Stichwahl zwischen dem Kandidaten der Muslimbrüder und einem früheren Gefolgsmann des langjährigen Staatschefs Hosni Mubarak im Juni ab. Nach Auszählung von etwa 90 Prozent der Stimmen liege ihr Kandidat Mohammed Mursi (Morsy, auch Morsi) (60) weiter in Führung, teilten die Muslimbrüder am Freitag auf ihrer Internetseite mit. An zweiter Stelle liegt demnach Ahmed Shafik (70), ehemaliger Luftfahrtminister und letzter Premier unter dem im Vorjahr entmachteten Mubarak. Von den rund 50 Millionen stimmberechtigten Ägyptern ging nach vorläufigen Angaben der Wahlkommission in Kairo etwa die Hälfte zur Wahl.

Nach Angaben der Muslimbrüder, die die stärkste Kraft im Parlament stellen, war Mursi bereits nach Auszählung der Stimmen aus knapp der Hälfte der Wahllokale mit 30,8 Prozent klar in Führung gelegen. Shafik kam demnach auf 22,3 Prozent, auf dem dritten Platz landete der linke Nationalist und Nasserist Hamdeen Sabbahi, Gründer der sozialistisch-nationalistischen "Partei der Würde", mit 20 Prozent. Shafiks Wahlkampfteam konnte die Angaben auf Anfrage zunächst nicht bestätigen.

Die staatlichen Medien sprachen zunächst von einem Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Mursi, dem unabhängigen Islamisten Abdel Moneim Abul Futuh (Fotouh), der aus der Muslimbruderschaft ausgeschlossen worden war, und Sabbahi. Der Ex-Außenminister und frühere Generalsekretär der Arabischen Liga, Amr Moussa, kann sich somit keine Hoffnungen mehr machen, Staatspräsident zu werden.

Die Muslimbruderschaft hatte ursprünglich behauptet, sie wolle gar keinen eigenen Kandidaten aufstellen. Dann zauberte sie doch noch einen aus dem Hut: Khairat al-Shater. Als dieser aus formalen Gründen von der Wahlkommission ausgeschlossen wurde, sprang Mursi ein. Der Ingenieur saß für die damals offiziell verbotenen Muslimbrüder von 2000 bis 2005 im Mubarak-Parlament. 2011 wurde er Vorsitzender des neuen politischen Flügels der Bruderschaft, der "Partei für Freiheit und Gerechtigkeit". Mursi wirbt für eine "islamische Renaissance".

Shafik hatte am Mittwoch seinen Landsleuten vorgeworfen, mit der Wahl einer starken islamistischen Parlamentsmehrheit einen "großen Fehler" begangen zu haben. Sein Ziel sei es, die Muslimbrüder in die Schranken zu weisen. Sollte ein Islamist zum Präsidenten gewählt werden, hätte dies mit Sicherheit "enorme Probleme" für Ägypten zur Folge, warnte Shafik, der bei der Stimmabgabe von wütenden Demonstranten angegriffen und mit Steinen und Schuhen beworfen worden war. Er gilt vielen Ägyptern als Mubarak-Mann und ist deshalb sowohl für die Islamisten als auch für die sogenannte Revolutionsjugend ein rotes Tuch.

Stichwahl im Juni
Die Stichwahl soll am 16. und 17. Juni stattfinden. Der Sieger soll am 21. Juni feststehen. Danach will der seit Mubaraks erzwungenem Rücktritt im Februar 2011 regierende Oberste Militärrat unter Feldmarschall Mohammed Hussein Tantawi die Macht abgeben. Hinter den Kulissen dürfte das mächtige Militär aber weiter eine wichtige Rolle spielen. Große Teile der ägyptischen Öffentlichkeit, insbesondere die Jugend, sind unzufrieden mit der Entwicklung seit Mubaraks Entmachtung und dem Einbruch der Wirtschaft seit Beginn der Volkserhebung. Jugendgruppen werfen den Streitkräften vor, Mubaraks alte Seilschaften an der Macht zu halten. Dem Militär, das über ein Industrieimperium verfügt und von 1,3 Milliarden Dollar US-Militärhilfe jährlich profitiert, wird vorgeworfen, Mubaraks alte Seilschaften an der Macht zu halten. Den Sicherheitskräften werden Menschenrechtsverletzungen und Folter angekreidet
 

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