Deutsche Verteidigungsministerin

Lambrecht: Russische Reserven kleiner als gedacht

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Die Reserven des russischen Militärs sind nach Einschätzung der deutschen Verteidigungsministerin Christine Lambrecht kleiner als gedacht.

"Die Vorstellung, die russische Armee verfüge quasi über unendlich militärische Möglichkeiten, ist nicht von der Realität gedeckt", sagte die SPD-Politikerin in einem am Freitag veröffentlichten Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters.

Größe der Reserven fraglich

Sie wies darauf hin, dass Russland nach gut sechs Monaten Kämpfen eine erhebliche Menge an Ausrüstung reparieren müsse und Schwierigkeiten habe, genügend neues Personal zu rekrutieren. "Deswegen wird es jetzt auch interessant sein zu sehen, wie groß die Reserven der russischen Streitkräfte überhaupt noch sind", fügte Lambrecht hinzu. "Ich glaube, das ist deutlich weniger, als wir wahrscheinlich anfänglich gedacht haben."

Dennoch solle sich niemand täuschen: Russland sei längst noch nicht geschlagen und habe noch diverse militärische Möglichkeiten.

Erhebliche russische Verluste

Die russische Armee habe sich nach dem ukrainischen Vormarsch aus einigen Gebieten zurückgezogen und sie gehe davon aus, dass dies auch genutzt werde, um sich neu zu formieren, sagte Lambrecht. Die Verluste der russische Armee an Soldaten und Material seien aber erheblich. Nach ukrainischen Angaben wurden 9000 Quadratkilometer zurückerobert, ein Gebiet, das etwa der Größe der Insel Zypern entspricht. "Ich glaube, dass Russland sehr, sehr verunsichert ist über die jüngsten Erfolge der Ukraine – und auch darüber, dass der Westen so geschlossen an der Seite der Ukraine steht und es Russland eben nicht gelungen ist, uns auseinander zu dividieren", sagte Lambrecht.

Lob für ukrainische Taktik

Die Verteidigungsministerin lobte die Taktik der Ukrainer. "Ich glaube, genau davon sind die Russen auch überrascht worden." Diese seien wahrscheinlich eher davon ausgegangen, dass die ukrainische Armee so agiere wie die Russen selbst. "Also eher vorhersehbar und planbar - aber nein, die Ukrainer haben es geschafft, genau dieses Überraschungsmoment für sich auszunutzen. Auch das ist eine Stärke der ukrainischen Armee", betonte die Verteidigungsministerin.

Auch Lob für Russland

Gleichzeitig lobte Lambrecht den Mut von Menschen in Russland, öffentlich Kritik an Präsident Wladimir Putin zu äußern. Sie erwarte allerdings nicht, dass der Dissens ausreiche, um Putins Macht zu gefährden. "Ich habe bisher nicht den Eindruck, dass diese Kritik schon ein Ausmaß erreicht, das dazu führt, dass Putin kurz vor dem Sturz steht. Ich kann die Hoffnung nachvollziehen, aber ich sehe das aktuell noch nicht gegeben". Putin habe sich über Jahre hinweg auf diese Situation vorbereitet, die Macht auf sich konzentriert und jedem Kritiker die Konsequenzen in aller Brutalität offen aufgezeigt.

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