Ungarn

Krankenhaus- und Studiengebühr werden abgeschafft

Teilen

Bei der Volksabstimmung in Ungarn hat die Mehrheit für ein Aus dieser Gebühren votiert - am Montag werden die Gesetze schon geändert.

Die von der Opposition initiierte Volksabstimmung in Ungarn über die Abschaffung der Praxis-, Spitals- und Studiengebühren hat am Sonntag mit einem überragenden Erfolg geendet. Es votierten rund 83 Prozent der Beteiligten für die Streichung der im Vorjahr von der sozialliberalen Koalition eingeführten Gebühren. Die Beteiligung war mit rund 50 Prozent unerwartet hoch. Das Ergebnis ist für das Parlament bindend, da mindestens 25 Prozent aller Wahlberechtigten eine einheitliche Antwort gegeben haben.

Status quo ante wird wieder eingeführt
Regierungschef Ferenc Gyurcsany kündigte bereits kurz nach der Schließung der Wahllokale an, im Falle eines erfolgreichen Referendums schon am Montag die entsprechenden Gesetzesänderungen im Parlament einzubringen. Damit könne mit 1. April der Status quo ante wiederhergestellt werden. Allerdings werde die Regierung den plötzlichen Einnahmenausfall von Hausärzten, Krankenhäusern und Hochschulen nicht kompensieren können, betonte der sozialistische Premier. Er übte in einer späteren Reaktion heftige Kritik an der Opposition und sagte, Vorschläge wie das Referendum würden Ungarn "in die falsche Richtung führen". Staatspräsident Laszlo Solyom forderte die Politiker auf, die "Schlussfolgerungen" aus dem Ergebnis des Votums zu ziehen.

"Sieg der Demokratie"
Die rechtskonservative Oppositionspartei Fidesz-Ungarischer Bürgerverband, die das Votum initiiert hatte, sprach von einem "Sieg der Demokratie" und einem "Sieg für ganz Ungarn". Das Referendum sei eine Plattform gewesen, auf der erstmals seit der politischen Wende 1989/90 die Ungarn zueinander gefunden hätten, meinte Fidesz-Chef Viktor Orban in einer ersten Reaktion. Die Partei schlug vor, den Gebührenausfall aus den Einnahmen des staatlichen Glücksspielunternehmens Szerencsejatek Zrt. auszugleichen. Gyurcsany wies die Forderung umgehend zurück: Diese Summen hätten bereits ihren festen Platz im Budget und könnten "nicht noch einmal ausgegeben" werden.

Über 80% Zustimmung
Nach Auszählung von 99,61 Prozent der Stimmen hatten 84,13 Prozent gegen die Spitalsgebühr, 82,47 Prozent gegen die Gebühr in Arztpraxen und 82,28 Prozent gegen die Studiengebühr gestimmt. Die Spitals- und die Praxisgebühr galten seit vergangenem Februar, die Studiengebühr wäre im kommenden Studienjahr eingeführt worden. Die Zustimmung fiel auch in traditionell eher von den regierenden Sozialisten (MSZP) dominierten Gegenden wie Ostungarn und den Budapester Arbeiterbezirken eindeutig aus - in ärmeren Regionen war der Anteil der "Ja"-Stimmen sogar besonders hoch.

Fidesz hatte das Referendum gegen die Reformen der Regierung nach der Veröffentlichung der sogenannten Lügenrede von Premier Gyurcsany im Herbst 2006 initiiert. Gyurcsany hatte in einer internen Rede vor Parteikollegen zugegeben, die Bevölkerung vor den Wahlen im Frühjahr 2006 über die Lage des Landes belogen zu haben. Die Veröffentlichung der Rede führte damals zu schweren Ausschreitungen, die ihren Höhepunkt am 50. Jahrestag der Revolution von 1956, dem 23. Oktober 2006, erreichten.

Auch der Abstimmungssonntag war von Ängsten vor neuen Ausschreitungen geprägt. Die Sicherheitskräfte waren in Budapest in Alarmbereitschaft, rund 2.000 Polizisten marschierten rund um das Parlament auf, der Kossuth-Platz vor dem Gebäude wurde mit Kordons abgesperrt. Am Abend demonstrierten auf dem Platz einige hundert Menschen gegen die Regierung, es kam jedoch zu keinerlei Zwischenfällen.

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.