TV-Interview

1. Teil - "Kann mich nicht alleine in der Öffentlichkeit bewegen"

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Lesen Sie alles über die Gefangenschaft, die Flucht und wie Natascha seit vier Monaten ihr Leben organisiert.

Christoph Feuerstein: Frau Kampusch, sie sind jetzt 4 Monate in Freiheit. Ist es für Sie jetzt manchmal schwer ihr Leben neu zu organisieren?
Natascha Kampusch: Ja zum einen ich kann mich nicht alleine in der Öffentlichkeit bewegen, das wäre zu riskant.

Erkennen sie Leute auf der Straße?
Ja. Meist ist es ganz harmlos, ab und zu schreckt es mich kurz wenn jemand ruft Hallo, wie wenn mich oder meine Begleitung kennen würde und dass ist das irgendeine fremde Person. Viele Leute meinen es aber auch nur gut mit einem, lächeln einen an und gratulieren dass man frei ist.

Und was sind die schönen Momente in der Begegnung mit Menschen?
Wenn einen eine alte Dame anlächelt, so verschmitzt zulächelt, oder Leute einem einfach nur zuzwinkern, oder anlächeln auf der Rolltreppe, das ist angenehm.

Ich möchte noch mal auf die Frage zurück. Sie haben ja 8 ½ Jahre auf wirklich engsten Raum gelebt, jetzt sind sie in Freiheit, wie ist die Organisation des Alltags, fällt ihnen das manchmal schwer?
Das Einzige wo der Unterschied besteht ist der dass man mit mehreren Menschen zu tun hat und mit verschiedenen Orten.

Wollen sie uns ein bisschen was darüber erzählen wie damals, in diesen 8 ½ Jahren die Zeiteinteilung ausgesehen hat? Wie konnten sie sich überhaupt zeitlich orientieren?
Ja, das ging, indem es eben, eine Zeitschaltuhr gab es in diesem Raum, zu gewissen Zeitpunkten, die vorher ausgemacht waren, wurde sie aktiviert, das Licht ging an und ja.

Also da wussten sie, wenn das Licht angegangen ist, es ist jetzt Morgen?
Genau und ich hatte eben auch einen Radio und einen Walkman und konnte mich auch nach dem Radioprogramm richten und gewisse Aktivitäten so einplanen, bei der einen Sendung das, bei der nächsten Sendung das, oder zwischen diesen beiden Sendungen staubsaugen, weil Staubsagen ist ja so laut.

Staubsaugen jetzt im Haus?
Oben durfte ich eigentlich selten Musik hören oder sonst irgendwas, fernsehen auch nicht.

Warum nicht?
Ich musste arbeiten.

Was mussten sie da arbeiten?
Fliesen legen zum Beispiel, jede einzelne Fliese abspülen, durchschauen ab ein Kratzer drauf ist, alle Fliesen einlegen in Wasser.

In die Zeit Ihrer Gefangenschaft, wir haben einmal darüber gesprochen, in die Zeit ist auch die Euroumstellung gefallen. Wie haben sie gelernt mit Geld umzugehen?
Herr Feurstein, ich habe ja auch schon vorher gelernt mit Geld umzugehen. Ich war ja 10 Jahre alt. Aber ich muss zugeben, mir ist es wahnsinnig schwer gefallen, auch dieses Umrechnen.

Gab es in dieser Zeit wo sie ja kaum Kontakt hatten zur Außenwelt, etwas wo man mit Geld umgegangen ist?
Ja schon. Ich habe von ihm regelmäßig Geld bekommen, einmal in der Woche 10 Schilling, und später dann wurde es auf einen Euro großzügigerweise aufgerundet. Ich hatte dann zum Beispiel 52 Euro, weil ein Jahr ja 52 Wochen hat.

Aber, nur wenn sie jetzt wollen, warum hat er Ihnen dieses Geld gegeben? Was hat das für einen Sinn gemacht? Hat er Ihnen das erklärt?
Er hat gemeint, dass ich mir darum etwas kaufen könnte, hat aber nicht funktioniert, er hat mir nicht das gekauft, was ich haben wollte. Und ich habe diese ganze Geschichte als lächerlich empfunden und auch als Verhöhnung teilweise, weil ich kann eh nicht selbst einkaufen, ich bin ja dort eingesperrt.

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