Rapid steht gegen Zweitligist St. Pölten vor der ersten Bewährungsprobe im neuen Jahr.
An Rapids Ausgangsposition vor dem ersten Pflichtspiel des neuen Jahres gibt es nicht viel herumzudeuteln. Das Heimmatch am Sonntag (ab 18.10 Uhr im Sport24-LIVETICKER) im Cup-Viertelfinale gegen Zweitligist SKN St. Pölten muss gewonnen werden, damit die einzige halbwegs realistische Chance auf den ersten Titelgewinn seit 2008 am Leben bleibt. Ob dies mit einem fußballerischen Leckerbissen oder Magerkost gelingt, ist für Trainer Robert Klauß zweitrangig.
Er erwarte "relativ wenig", erklärte der Deutsche. "Mir geht es einfach darum, aufzusteigen und sehr viel Leidenschaft auf dem Platz zu lassen." Nach fast zwei Monaten ohne Bewerbspartie dürfe man von den Spielern keine Wunderdinge verlangen. "Die Gewohnheit kann durch die Pause noch nicht da sein, auch wenn ich mich freuen würde, sollte ich mich täuschen. Aber in diesem Spiel geht es einfach nur darum, weiterzukommen."
Diese Ansicht fußt auf "Realismus und ein Stück weit Erfahrung. Das erste Spiel nach einer Pause ist selten ein Feuerwerk. Wenn wir auswärts gegen Salzburg spielen würden, würde ich das Gleiche erwarten", sagte Klauß. Seine Vorgabe an die Mannschaft laute, "die einfachen Dinge gut zu machen und nicht kompliziert zu sein. Dann kann das andere kommen, muss aber nicht zwingend."
"Stellenwert ist sehr hoch"
Der Coach weiß um die Bedeutung der Partie, für die bisher über 13.000 Tickets abgesetzt wurden. "Der Stellenwert des Cups ist sehr hoch, besonders in der Fanszene. Es ist ein kurzer Weg ins Finale, alle wollen da wie letztes Jahr wieder hin, und wir sehen das intern genauso", erklärte Klauß.
Mit der Vorbereitung zeigte sich der frühere Nürnberg-Coach zufrieden. "Wir haben in der körperlichen Arbeit einen Schritt nach vorne gemacht." Klauß trat am 20. November mitten in der Saison die Nachfolge von Zoran Barisic an, nun hatte er erstmals Zeit, seine Vorstellungen intensiver zu vermitteln. "Die Mannschaft hat schnell gemerkt, was meine Idee ist, und ich habe erkannt, was der Mannschaft guttut", meinte der 39-Jährige.
Nimmt man so manche Herbst-Partie als Maßstab, könnte eine zusätzliche Portion Konzentration nicht schaden - einige Punkte wurden fahrlässig verschenkt. "Wir haben das konsequente Verteidigen bis zur letzten Minute ganz klar trainiert und auch besprochen", erzählte Klauß in diesem Zusammenhang.
Rapid hofft auf Stabilität
Rapid benötigt Stabilität und Konstanz, unabhängig vom System. "Das System ist für mich völlig irrelevant. Wir treffen die Entscheidung, spielen wir mit Dreier- oder Viererkette, mit einem oder zwei Sechsern und mit einem oder zwei Stürmern. Alles andere ergibt sich von selbst. Es geht darum, dass die Spieler wissen, in welchen Situationen wir uns wie positionieren, dass sie gewisse Rollen erfüllen", meinte Klauß.
Keine Rolle spielen werden unter anderem der gesperrte Terence Kongolo und die verletzten beziehungsweise rekonvaleszenten Nenad Cvetkovic, Thorsten Schick, Oliver Strunz und Thierry Gale. Die letzten zwei werden noch länger ausfallen, daher ist ein Zugang in der Offensive vor dem Ende der Übertrittszeit am Dienstag möglich. "Wir werden schauen, ob es noch Optionen gibt, aber es besteht kein Muss und kein Zwang", betonte Klauß. Sollte ein Neuer kommen, "muss er sofort helfen können und besser sein als unsere eigenen Jungen. Es ist wichtig, unseren Jungen keine Spieler vorzusetzen, die älter, aber nicht besser sind."
Der im Winter geholte Christoph Lang sollte auf Anhieb eine Verstärkung sein. "Er hat sich sehr gut integriert. Man hat nicht das Gefühl, dass er erst kurz bei uns ist", sagte Klauß über den 22-Jährigen. Sonderlob vom Trainer gab es zudem für Jovan Zivkovic ("Seit ich da bin, hat er einen Schritt nach vorne gemacht") und Roman Kerschbaum. "Er hat eine super Vorbereitung gespielt und ist ein Vorbild-Profi", meinte Klauß über den Zentrumsspieler.
Wundertüte St. Pölten
Eine gewisse Unklarheit herrscht beim Rapid-Trainer noch, was den Gegner betrifft. "St. Pölten hat einen neuen Trainer, deshalb ist es ein bisschen schwierig, sie einzuschätzen." Der SKN sei "ein bisschen eine Wundertüte", ergänzte Klauß. Der Dritte der 2. Liga wurde in den letzten Spielen des Vorjahres interimistisch von Sport-Geschäftsführer Jan Schlaudraff gecoacht, danach übernahm Philipp Semlic. Der frühere Lafnitz-Betreuer gab sich kämpferisch. "Vielleicht ist es ja wirklich wieder einmal so weit, dass die 'David-und-Goliath-Geschichte' erzählt werden kann", mutmaßte der 40-Jährige.
Semlic will, dass seine Truppe an die mögliche Sensation glaubt. "Wir fahren zu Rapid und könnten sagen, dass wir nichts zu verlieren haben. Ich sehe das aber anders, denn wenn man so denkt, kommt es unter Umständen zu einem 'schau ma mal'-Gefühl. Wir denken anders. Wir wollen dort etwas erreichen - und das gelingt nur, wenn wir die Basis legen, eine Top-Top-Top-Leistung abrufen an diesem Tag und wirklich jeder Spieler an seine Grenze und darüber hinaus geht", erklärte der Trainer.