Hinter dem Hightech-Auto mit innovativen Batteriezellen steht der Sohn des unvergessenen Ferdinand Piech.
Nach der viel beachteten Premiere des Piëch Mark Zero am Genfer Autosalon 2019 ist es um das Elektro-Sportwagen-Konzept etwas still geworden. Doch damit ist nun Schluss. Das Fahrzeug, hinter dem mit Toni Piëch ein Sohn des mittlerweile verstorbenen VW-Patriarchen Ferdinand Piech steht, startet durch – und zwar mit dem Projektnamen Piëch GT.
Erprobungsphase gestartet
Konkret startete die in der Schweiz ansässige Piëch Automotive AG nun die offizielle Erprobungsphase des Elektro-Sportwagenprojekts. „Trotz der weltweiten COVID-19-Pandemie ist es uns gelungen, die dadurch entstehenden Verzögerungen zu meistern und unser Projekt voll auf Kurs zu halten. Die bisherigen Finanzierungsrunden verliefen erfolgreich, nun können wir zuversichtlich unseren weiteren Weg Richtung Markteinführung gehen“, sagt Toni Piëch, Mitgründer und Chef von Piëch Automotive.
Neuer Standort für Entwicklungszentrum
Bevor die Erprobung starten konnte, stand noch eine Übersiedlung auf dem Plan. Mit dem im August von München nach Memmingen durchgeführten Umzug des Deutschen Entwicklungsteams finde die Truppe um Klaus Schmidt (Chefentwickler sowie CEO/CTO der Deutschen Gruppengesellschaft) nun ideale Bedingungen vor. „Uns stehen hier eine Teststrecke und die passende Logistik zur Verfügung, was die Entwicklung des Schweizer Sportwagens substanziell nach vorne bringt“, freut sich Schmidt.
Piech verspricht schnelle Ladezeiten
Eine wesentliche Neuerung erfährt die Batterie- und Batteriezellen-Technologie des Piëch GT. „Dank enger Zusammenarbeit mit Partnern in China und Europa konnte eine Lösung gefunden werden, die Vollladungen in weniger als fünf Minuten ermöglichten“, erklärt Schmidt. Im Hinblick auf die spätere Serienfertigung und kürzere Beschaffungswege der Ladestationen habe sich Piëch entschlossen, die Entwicklung mit Deutschen Partnern zu sichern. Dank eines innovativen Ladekonzepts könne der Piëch GT in acht Minuten zu 80 Prozent an jeder CCS2-Schnellladesäule aufgeladen werden. Das wäre schon fast eine Sensation. Wenn sich die Angaben bewahrheiten, können nicht einmal die aktuellen 800-Volt-E-Autos wie Porsche Taycan , Audi e-tron GT , Hyundai Ioniq 5 und Kia EV6 mithalten. Ein eigens von der Firma TGOOD entwickelter Schnelllader soll diesen Vorgang sogar in weniger als fünf Minuten erledigen. Die neueste Entwicklungsstufe der Batteriezelle von Piech, die auf kompakte und vergleichsweise leichte Pouch-Zellen setzt, klingt also mehr als vielversprechend. Die Reichweite soll bis zu 500 km (WLTP) betragen.
Performance und Handling
Das angepeilte Leergewicht von unter 1800 Kilogramm soll dem Piëch GT in Kombination mit seinen rund 450 KW (611 PS) eine Beschleunigung von null auf 100 km/h in weniger als 3,0 Sekunden ermöglichen. Die 200 km/h-Marke soll unter neun Sekunden geknackt werden. Rea Stark Rajcic, der zweite Mitgründer und CDO von Piëch Automotive, hat bereits bei der Premiere versprochen, dass der Stromer die Gene eines klassischen Sportwagens ins Elektro-Zeitalter transportieren soll. Der E-Motor an der Vorderachse leistet 150 kW, während an der Hinterachse zwei E-Maschinen mit je 150 kW Leistung für zusätzlichen Schub sorgen. Durch die Anordnung der Batterien (ein Teil ist im Mitteltunnel untergebracht, der Rest an der Hinterachse) seien eine ähnliche Achslastverteilung (40:60) und ein Fahrverhalten möglich wie bei Sportwagen mit Verbrennungsmotor. Vorteil dieser Anordnung ist eine sportwagentypisch niedrige Sitzposition, die bei Elektroautos, deren Batterien im Unterboden stecken, nicht möglich ist.
Design wie beim Showcar
Oftmals unterscheidet sich das spätere Design des Serienmodells deutlich von der Linienführung der zugehörigen Studie. Wobei es mittlerweile immer mehr Ausnahmen gibt. Ein solche soll auch der Piëch GT darstellen. „Wir haben einen Sportwagen mit zeitlosem Design entworfen, wie wir ihn uns selber erträumen würden. Und wir haben lange mit vielen Enthusiasten darüber gesprochen, was dem Markt fehlt. Heraus kam ein moderner Klassiker, der keinen Konsumzyklen unterworfen ist. Der Fahrer unseres Sportwagens soll sich über jeden Moment freuen, den er in unserem Auto verbringt“, fasst Rea Stark Rajcic den Produkt-Anspruch des Schweizer Elektrosportwagens zusammen. Der nicht allzu futuristisch wirkende Zweisitzer verfügt über klassische Proportionen und ist 4,43 m lang, 1,99 m breit und 1,25 m hoch. Während an der Vorderachse 20 Zoll Räder montiert sind, setzt die Hinterachse auf 21 Zöller.
Erprobung läuft planmäßig
Klaus Schmidt ist ein absoluter Kenner seines Faches. Der jetzige Piech-Chefentwickler leitete über 30 Jahre die BMW interne Sportabteilung M GmbH. Sein Erfahrungsschatz soll dem Start-up bei der Entwicklung und der Qualität von technischen Komponenten helfen. Bei der Herstellung des ersten Prototypen dürfte sich das bereits positiv ausgewirkt haben. Laut Piech Automotive seien die ersten Tests äußerst vielversprechend verlaufen. „Bis kommenden März wird der zweite Prototyp fertiggestellt, eine weitere Serie von mehreren Prototypen soll noch im 2022 folgen, basierend auf deren Testergebnissen dann 2023 ein weiterer Batch von Prototypen gebaut wird. Piëch folgt dabei exakt den bewährten Erprobungszyklen deutscher Premium-Hersteller, testet auch bei Hitze und Staub, bei Minustemperaturen in Eis und Schnee sowie auf anspruchsvollen Straßen und Rennpisten wie z.B. auf der Nürburgring Nordschleife, um unser Ziel, den Serienstart in 2024 einhalten zu können“, gibt Klaus Schmidt die Pläne des Konzerns bekannt.
Fazit
Start-ups, die hervorragende Elektroautos in Aussicht gestellt haben, gab es in den letzten Jahren viele. Nur wenige haben tatsächlich bis zum Marktstart durchgehalten. Piech Automotive zählt jedenfalls zu den vielversprechendsten Newcomern. Die Finanzierung scheint auf solider Basis zu stehen und bei der Entwicklung sind nur Profis am Werk. Sollten die Versprechen und der Starttermin eingehalten werden, könnte der Piech GT in seiner (kleinen) Zielgruppe ein echter Erfolg werden. Wir drücken dem Unternehmen jedenfalls die Daumen. Etwas Abwechslung im Auto-Einerlei kann nicht schaden.