Vergaberecht

Billigstbieter-Prinzip soll fallen

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SPÖ und ÖVP wollen Änderung des Vergaberechts.

Gewerkschaft und Wirtschaftskammer kampagnisieren seit Monaten für eine Änderung des Vergaberechts, um bei öffentlichen Aufträgen verstärkt heimische Firmen zum Zug kommen zu lassen. SPÖ und ÖVP wollen sich des Themas annehmen. Die Klubchefs Andreas Schieder und Reinhold Lopatka kündigten am Mittwoch eine Diskussion im Parlament im November und anschließende Gesetzesänderungen an.

Unter dem Titel "Faire Vergaben" fordern Gewerkschaften und Wirtschaftskammer-Verbände eine Änderung des Vergaberechts. Sie kritisieren, dass öffentliche Aufträge verstärkt an den billigsten und nicht an den qualitativ besten Anbieter gehen.

"Immer mehr Billigstanbieter mit dubiosen Arbeitsverhältnissen drängen auf den Markt", kritisierte SP-Sozialsprecher Beppo Muchitsch, der Vorsitzende der Gewerkschaft Bau-Holz, am Mittwoch bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit den Klubobleuten. Die Folge seien Lohn- und Sozialdumping sowie der Abbau von Stammpersonal und Lehrlingen. Er fordert Gesetzesänderungen, "damit unsere regionalen Firmen wieder eine Chance haben, mit ihrem Stammpersonal zu Aufträgen zu kommen".

Großaufträge an Bestbieter
Konkret wünscht sich Muchitsch, dass Großaufträge ab einer Million Euro verpflichtend an den Bestbieter gehen sollen. Derzeit sieht das Vergaberecht sowohl das Best- als auch das Billigstbieterprinzip vor. Für Aufträge unter einer Million Euro, für die keine Ausschreibung nötig ist, sollen "Eignungskriterien" festgelegt werden. Wer diese nicht erfüllt, soll sich auch nicht um die Aufträge bewerben dürfen.

Als ein Kriterium schwebt ÖVP-Budgetsprecherin Gabriele Tamandl das Vorhandensein von ausreichend Stammpersonal vor, damit Aufträge nicht weitgehend an Subunternehmer ausgelagert werden müssen. Außerdem sollen u.a. Lehrlingsausbildung und die Beschäftigung älterer Arbeitnehmer berücksichtigt werden. "Wir wollen, dass die Wertschöpfung und die Steuerleistung in Österreich bleibt", so Tamandl. Durch die neue, in Österreich noch nicht umgesetzte, EU-Vergaberichtlinie wäre das aus Sicht der ÖAAB-Politikerin gedeckt.

Welche Änderungen die Koalition konkret vorschlagen will, soll nach Angaben der Klubobleute Schieder und Lopatka bei einer Enquete der beiden Klubs (voraussichtlich am 11. November) diskutiert werden. Dabei sollen auch das Wirtschafts- und das Sozialministerium einbezogen werden, sagte Schieder. Und Lopatka versicherte, dass die Gesetzesvorschläge "rasch" nach der Enquete vorliegen werden.

Lopatka will bei dieser Gelegenheit auch die "Schwellenwerte-Verordnung" gesetzlich verankern. Diese Verordnung ermöglicht es Bund, Ländern und Gemeinden, Aufträge bis zu einem Grenzwert von 100.000 Euro (statt 50.000 Euro) direkt und ohne Ausschreibung zu vergeben. Bei Bauaufträgen bis einer Mio. Euro (statt 300.000 Euro) reicht das Einholen von Vergleichsangeboten. Derzeit wird diese Verordnung jährlich von der Regierung verlängert.
 

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