Trauer der Schweizer um Bankgeheimnis ist begrenzt

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Das Schweizer Bankgeheimnis hat für Ausländer große Löcher bekommen. Nach Ansicht von Experten ist es so gut wie tot - doch die Trauer bei Vertretern von führenden Schweizer Banken hält sich in Grenzen. Sie bringen sich für die Zeit danach in Stellung.

Bisher konnten reiche Ausländer davon ausgehen, dass sie ihr bei Schweizer Banken liegendes Geld bei der Steuererklärung "vergessen" konnten und niemand davon erfahren würde, auch wenn ihr Finanzamt einen Verdacht hegte. Unter dem Druck der USA und der G-20-Länder ändert sich das.

Die Schweiz wird nun auch in Fällen von einfacher Steuerhinterziehung Amtshilfe leisten. Nach Ansicht des Banken-Professors Teodoro Cocca ist das alte Modell der Vermögensverwaltung im Ausland (Offshore Banking) damit tot. "Vergessen Sie das Bankgeheimnis, stellen Sie sich auf eine neue Lage ein", riet er kürzlich auf einem Euroforum-Kongress in Zürich den dort versammelten Bankern.

Wie viel Steuer-Schwarzgeld bei ihnen liegt, haben die Schweizer Banken offiziell nie zusammengerechnet. "Über die nächsten Jahre werden wir das herausfinden", sagte der Chef der Großbank UBS, Oswald Grübel. Wenn reiche Ausländer in der Schweiz keinen Schutz vor dem heimischen Finanzamt mehr erwarten können, könnten sie ihr Geld genauso gut zu einer Bank in ihrer Nähe bringen - das würde wie etwa in Italien eine Art Amnestie oder eine sonstwie milde Behandlung für reuige Steuersünder voraussetzen.

Dass Geld in andere Steueroasen abwandern könnte, befürchten Banker weniger: Luxemburg und Singapur müssen ihr Bankgeheimnis auch lockern, und selbst die in der Karibik gelegenen Kaiman-Inseln denken über eine Steuer auf Finanztransaktionen nach.

Da, wie es in der Sprache der Branche heißt, "der fiskalische Aspekt" des Bankgeheimnisses wegfällt, wollen die Banken künftig in ihrem Marketing "Schweizer Tugenden" wie Verschwiegenheit, Diskretion und Zuverlässigkeit in den Vordergrund stellen. Das wäre dann eine Art "Bankgeheimnis light" - kein Schutz vor dem Finanzamt mehr, aber immerhin vor vielleicht neugierigen Familienangehörigen. Auch ein stabiles politisches und wirtschaftliches System und eine stabile Währung sollten das Land und seine Banken weiterhin für Ausländer attraktiv machen. Und die wirklich Reichen verteilen ihr Geld gerne ohnehin auf mehrere Länder und Währungen.

Konzentration auf kompetente Geldverwaltung

Die Rechnung mag in der Tat aufgehen. Nach Ansicht von Pierre de Weck, des aus der Schweiz stammenden Chefs des Vermögensverwaltungsgeschäfts (Private Banking) der Deutschen Bank, haben die Eidgenossen im Hinblick auf Kompetenz und Dienstleistungsqualität in der Vermögensverwaltung in der Tat einiges aufzuweisen und hätten das schon viel früher mehr in den Vordergrund stellen sollen. Überall auf der Welt gebe es Reichtum, aber nicht überall kompetente Geldverwalter, sagt de Weck: "Offshore Banking wird es immer geben."

Geld im Einklang mit den Steuergesetzen der jeweiligen Herkunftsländer zu verwalten sei aber umständlicher und werde kosten. Julius-Bär-Chef Boris Collardi setzt auf die Kompetenz: Es gebe wenige Finanzplätze, von denen aus man global in alle Anlageklassen investieren könne und die Beratung dafür finde.

Für die großen Banken ist das Problem nicht so schwerwiegend. Sie sind in vielen Ländern mit Niederlassungen vertreten und können zurückfließendes Geld vor Ort auffangen. Sogar die sonst regional orientierte Kantonalbank von St. Gallen hat im Frühjahr eine Niederlassung in München eröffnet. Die Zürcher Kantonalbank möchte deutsche Kunden weiterhin aus Zürich heraus betreuen, aber nur wenn diese versprechen, dass sie ihr Vermögen dem deutschen Fiskus gemeldet haben. Kleinere Geldhäuser könne sich ausländische Filialen aber nicht leisten.

Eine Horrorvorstellung für die Banken wäre, wenn sie Namen und Daten ihrer ausländischen Kunden routinemäßig und von sich aus den zuständigen Finanzämtern melden müssten. Um den automatischen Informationsaustausch zu vermeiden, sind sie sogar bereit, selbst zu Steuereintreibern zu werden. Laut einem Vorschlag des Verbands der Auslandsbanken könnten Kapitalerträge auf Geldern, die in der Schweiz liegen, genauso hoch besteuert werden wie im Heimatland des Anlegers.

Die Bank würde den Steuerertrag dann an das zuständige Land weiterleiten, ohne den Namen des Kunden zu nennen. Mindestens das "Bankgeheimnis light" wäre gewahrt und auch kleine Banken könnten wohl mit dieser Lösung leben.

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