Lexikon: Die Tobin-Steuer als Spekulationsbremse

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Der US-Wirtschaftswissenschaftler und Nobelpreisträger James Tobin (1918-2002) hat bereits 1972 eine Sondersteuer auf grenzüberschreitende Devisengeschäfte ins Spiel gebracht. Nach dem Zusammenbruch des festen Wechselkurssystems wollte er so kurzfristige Spekulationen und Schwankungen beim Geschäft mit Devisen eindämmen. Sein Vorschlag wurde von Ökonomen als wenig erfolgversprechend verworfen: Die Steuer kann einfach umgangen werden, wenn sie nicht in allen Ländern eingeführt wird.

In den 1990ern griffen Globalisierungsgegner von Attac die Idee auf. Der Name Attac steht für die französische Abkürzung von "Vereinigung zur Besteuerung von Finanztransaktionen im Interesse der Bürger". Im Gespräch war ein Steuersatz von bis zu 0,5 Prozent bei allen Devisengeschäften. Die Erlöse sollten in Entwicklungsländer fließen.

Tobin wies diese "schlecht durchdachte" Weiterentwicklung seiner Idee als "Applaus von der falschen Seite" zurück: "Die missbrauchen meinen Namen".

2001 regte der sozialistische französische Premierminister Lionel Jospin eine EU-Initiative für eine Tobin-Steuer an, ohne eine Mehrheit dafür zu finden. 2002 griffen die Grünen die Idee auf und forderten eine "Anti-Spekulationssteuer".

2005 erklärte der damalige deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) auf dem Weltwirtschaftsgipfel in Davos, er sei zu einer Besteuerung von Spekulationsgewinnen an internationalen Finanzmärkten bereit, wenn sich dies weltweit verbindlich regeln ließe. Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) begrüßte, dass die dadurch gewonnenen Mittel ausschließlich zur Finanzierung der Entwicklungshilfe eingesetzt werden sollten. Ablehnung kam von CDU, FDP und aus der Wirtschaft.

Aktuell prüft SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier eine internationale "Steuer auf Finanzmarkttransaktionen". Bei einem Steuersatz von 0,05 Prozent könnten sich Studien zufolge allein für Deutschland jährliche Einnahmen von 10 bis 20 Mrd. Euro ergeben.

Auch der deutsche Finanzminister Peer Steinbrück, der eine Tobin-Steuer noch im Juli für "aussichtslos" hielt, zeigt sich nun offen dafür. Allerdings müsse die Abgabe mindestens in den 20 wichtigsten Wirtschaftsnationen (G-20) eingeführt werden.

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