Die Inflation in Deutschland ist im Mai wegen höherer Energie- und Lebensmittelpreise unerwartet stark auf 7,9 Prozent gestiegen. Das ist der höchste Wert seit der ersten Ölkrise 1973/74.
Waren und Dienstleistungen kosteten durchschnittlich um 7,9 Prozent mehr als ein Jahr zuvor, wie das Statistische Bundesamt am Montag in einer ersten Schätzung mitteilte. Im April lag die Teuerung bei 7,4 Prozent. Ähnlich hoch war die Inflationsrate zuletzt im Winter 1973/74, als wegen der ersten Ölkrise die Mineralölpreise ebenfalls stark gestiegen waren.
Energie 38,3 Prozent teurer
"Seit Beginn des Kriegs in der Ukraine sind insbesondere die Preise für Energie merklich angestiegen und beeinflussen die hohe Inflationsrate erheblich", erklärten die Statistiker. So stiegen die Energiepreise um 38,3 Prozent zum Vorjahresmonat.
Auch Nahrungsmittel verteuerten sich mit 11,1 Prozent überdurchschnittlich. Hinzu kommen Lieferengpässe durch unterbrochene Lieferketten aufgrund der Coronapandemie, die ebenfalls viele Waren teurer machen.
Inflation bleibt hoch
Experten gehen davon aus, dass der Inflationsdruck vorerst sehr hoch bleiben wird. "Bei den von Lieferengpässen getroffenen Gütern und bei Nahrungsmitteln steckt wohl noch etwas Druck in der Pipeline, bevor die Lage sich ab dem Herbst entspannen dürfte", sagte der Chefvolkswirt der Berenberg Bank, Holger Schmieding.
Tankrabatt
"Der Tankrabatt und andere Eingriffe dürften aber dafür sorgen, dass die Inflationsrate in den kommenden Monaten in Deutschland nicht weiter steigt." Der Bund verzichtet in den kommenden drei Monaten auf etwa 3 Milliarden Euro an Steuern, um Benzin und Diesel von Juni bis Ende August günstiger zu machen. Rein rechnerisch bedeutet dies bei Benzin 29,55 Cent und beim Diesel 14,04 Cent pro Liter weniger.
Reallöhne sanken um 1,8 Prozent
Die stark steigenden Verbraucherpreise belasten die Kaufkraft der Deutschen. Zwar stiegen die Löhne im ersten Quartal um kräftige 4,0 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Da die Preise in dieser Zeit aber um 5,8 Prozent zulegten, sanken die Reallöhne um 1,8 Prozent. Das gewerkschaftsnahe Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) geht davon aus, dass die Reallohnverluste zumindest bis zum Jahresende anhalten. "Im kommenden Jahr ist eine Trendwende möglich", sagte der wissenschaftliche Direktor des IMK, Sebastian Dullien, der Nachrichtenagentur Reuters. "Allerdings dürften auch dann nicht sofort alle Reallohnverluste aufgeholt werden, die sich aus der hohen Inflation 2022 ergeben."
Entlastung deckt Lebensmittelteuerung nicht ab
Deshalb sei es wichtig, dass die Politik mit gezielten Entlastungspaketen helfe, die Kaufkraft der Privathaushalte zu stabilisieren. Die bisherigen Entlastungspakete dürften zwar viele Haushalte spürbar bei der Mehrbelastung durch teurere Energie für das laufende Jahr entlasten, aber einige Haushalte wie jene von Pensionistinnen und Pensionisten und Studierenden würden nicht berücksichtigt. "Außerdem deckt die Entlastung noch nicht die gestiegenen Nahrungsmittelpreise ab", sagte Dullien. "Da die Reallöhne 2023 noch unter dem Niveau von 2021 liegen dürften, sind außerdem weitere staatliche Einmalzahlungen für das kommende Jahr notwendig."