AKW-Bau: Rom verspricht den Gemeinden Steuerzuckerln

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Die italienische Regierung will Gemeinden, in denen Atomkraftwerke gebaut werden, 17 Mio. Euro pro Jahr in den nächsten 60 Jahren garantieren. Damit hofft das Mitte-Rechts-Kabinett um Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi den Widerstand der Bevölkerung gegen die Rückkehr zur Atomenergie zu umgehen, berichtete die Mailänder "Corriere della Sera".

Der Atommüll soll in einer nationalen Deponie entsorgt werden. Geplant ist weiters die Einrichtung eines Expertenkomitees, das die Bevölkerung, die rund um das Atomkraftwerk lebt, Informationen über die Sicherheit der Anlagen liefern soll.

Chioggia als erster Standort

Nach Angaben der oppositionellen Grünen soll das erste italienische Atomkraftwerk in Chioggia - ca. 30 km Luftlinie Venedig entfernt - errichtet werden. Der Spatenstich für den Bau des Atomkraftwerks soll bereits vor 2013 stattfinden. Das AKW soll bis 2020 in Betrieb gesetzt werden. Weitere Atomkraftwerke sollen in Caorso in der Region Emilia Romagna (auf halber Strecke zwischen Mailand und Bologna), sowie in Montalto di Castro nördlich von Rom errichtet werden.

Der Präsident der italienischen Grünen, Andrea Bonelli, betonte, dass die Regierung die Liste der Orte für die Errichtung der neuen Atomkraftwerke aus Angst vor Protesten und vor negativen Auswirkungen bei den Regionalwahlen im kommenden März noch nicht veröffentlicht habe. In Wahrheit habe der Stromkonzern Enel, der mit der französischen Gesellschaft Electricite de France die Atomkraftwerke bauen soll, bereits in den vergangenen Monaten die Ortschaften ausgewählt, in denen die AKW errichtet werden sollen.

Die Italienischen Kommunisten (PDCI) drohten mit einer heftigen Kampagne gegen die Atompolitik der Regierung Berlusconi. "Die Bürger werden Berlusconi zwingen, auf seinen verheerenden Plan zu verzichten", sagte PDCI-Sprecher Claudio Saroufim.

Italien ist neben Österreich eines der wenigen europäischen Länder, das bisher der Atomkraft abgeschworen hat. 1987, ein Jahr nach dem Reaktorunfall von Tschernobyl, lehnten die Italiener in einer Volksabstimmung die Nuklearenergie im eigenen Land ab. Drei Atomkraftwerke mussten abgeschaltet werden, ein viertes ging nicht mehr ans Netz. Doch seit langem schon drängt die italienische Atomlobby zum Bau neuer Atomkraftwerke - und die Regierung Berlusconi tritt ebenfalls offenbar dafür ein.

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