UWD: E-Wirtschaft will Naturschutzgebiete verbauen

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Die Pläne der österreichischen E-Wirtschaft für den Ausbau der Wasserkraft sind "völlig unrealistisch" und die Geschichte vom guten Zustand der Gewässer in Österreich bestenfalls eine Mär - diese Bilanz zieht der Umweltdachverband (UWD) anlässlich des Weltwassertags (22. März).

Von den derzeit in Planung befindlichen 100 Wasserkraftwerken solle fast jedes zweite in einem ökologisch sensiblen Gebiet gebaut werden, ein Fünftel sogar in absoluten Tabuzonen, nämlich Natura-2000-Gebieten, Nationalparks oder Sonderschutzzonen, kritisierte UWD-Präsident Gerhard Heilingbrunner bei einer Pressekonferenz in Wien.

Wenig "freie" Flächen

Der Umweltdachverband hat sämtliche Kraftwerksplanungen und laufenden Projekte in Österreich aufgelistet und kommt dabei zu dem Schluss, dass die meisten davon aus rechtlichen Gründen nicht umsetzbar seien. Vom gesamten technisch-wirtschaftlichen Kraftwerkspotenzial in Österreich seien bereits 70 % ausgebaut, von den restlichen 30 % liege der Großteil in Naturschutzgebieten.

"15 % der Fläche Österreichs sind Natura-2000-Gebiete", erklärte Heilingbrunner. Daher sei von dem theoretisch noch nutzbaren Wasserkraft-Ausbaupotenzial bestenfalls ein Drittel tatsächlich nutzbar, denn die Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) der EU verbiete ausdrücklich eine Verschlechterung des ökologischen Zustandes der Gewässer, "das ist nationales Recht", betonte der Umweltrechtler Heilingbrunner. "Die E-Wirtschaft will nicht akzeptieren, was rechtlich einfach pickt. Zum Glück haben wir die Europäische Union, sonst wären diese Lebensadern nicht gesichert. Die Europäische Union ist unserer Verbündeter."

Um die chemische Reinheit der österreichischen Gewässer sei es tatsächlich gut bestellt, räumte der Geschäftsführer des Umweltdachverbandes, Michael Proschek-Hauptmann, heute ein. Etliche Badeseen hätten Trinkwasserqualität. Bei der ökologischen Güte sehe es aber ganz anders aus: Nur 15 % der Gewässer seien mit "sehr gut" zu bewerten, und diese befänden sich "eher in Hochgebirgslagen", 19 % seien in einem "guten" Zustand - "66 % sind ökologisch gesehen krank".

21 Projekte in Natura-2000-Gebieten

Insgesamt hat der UWD 147 Wasserkraftwerke aufgelistet, von denen 47 bereits in Bau oder vor kurzem in Betrieb gegangen sind. "Bei den geplanten Vorhaben sind 67 Neubauten, bei 33 Projekten handelt es sich um Ausbauten bestehender Kraftwerksstandorte. 23 Projekte sind bereits verfahrensanhängig", sagte Heilingbrunner. 30 der geplanten Kraftwerke hätten eine Leistung von mehr als 15 MW und wären damit UVP-pflichtig.

21 Projekte liegen laut UWD in Natura-2000-Gebieten, Nationalparks oder Sonderschutzgebieten. Betroffen seien z.B. die Natura-2000-Gebiete Ober- und Mittellauf der Mur, Untere Traun, Salzach-Auen, Niederösterreichische Vorlandflüsse und das Sonderschutzgebiet Mieminger und Rietzer Innauen. "Der Schwerpunkt der Pläne liegt rund um den Nationalpark Hohe Tauern", so Proschek-Hauptmann.

Rund drei Viertel der geplanten installierten Leistung werden von insgesamt acht Pumpspeicherkraftwerken abgedeckt - allen voran der geplante Ausbau Kaunertal in Tirol, bei dem drei Flüsse der Ötztaler Alpen in Mitleidenschaft gezogen würden. Dazu kommen Reißeck II und der Ausbau Fragant-Wurten (Kärnten), der Ausbau Jochenstein (Oberösterreich), Limberg III und Tauernmoos (Salzburg), der Ausbau Kaunertal und Kühtai/Sellrain-Silz (Tirol) und Obervermunt II (Vorarlberg). "Klar ist, dass diese riesigen Pumpspeicherkraftwerke in Wahrheit nichts zur Versorgungssicherheit in Österreich beitragen, da sie Spitzenstrom liefern, der exportiert wird", argumentierte Heilingbrunner.

Erzeugt werde dieser Strom u.a. in Atom- und Kohlekraftwerken. Damit sei klar, dass auch die Vorgabe aus der Energiestrategie Österreich, 3,5 TWh bis 2015 zu installieren, nicht durch Laufkraftwerke, sondern überwiegend nur durch Pumpspeicher erreicht werden kann. Diese seien vor allem "Gewinnmaximierungseinrichtungen" für die Stromunternehmen. "Die E-Wirtschaft darf keine Baufirma sein, sondern ein modernes Unternehmen, das eine moderne Energiepolitik macht", sagte Heilingbrunner. Die E-Wirtschaft gehöre mehrheitlich der öffentlichen Hand und "darf keine Dividendenpolitik machen - nicht nur Dividendenpolitik".

Von Umweltminister Berlakovich fordert der Umweltdachverband, "möglichst viel von diesen Punkten noch in den Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplan einzuarbeiten", mit dem in Österreich die EU-Wasserrahmenrichtlinie umgesetzt wird, "ansonsten werden wir uns in Brüssel wiedersehen, die EU-Kommission hat da ein wichtiges Wort mitzureden", so Heilingbrunner. Die E-Wirtschaft solle sich vor allem darauf konzentrieren, die Effizienz der bestehenden Kraftwerke zu verbessern. Damit wäre die Energieausbeute um 10 % zu verbessern. "Ich erwarte mir von der E-Wirtschaft Inserate zum Thema Stromsparen und Energiesparen."

SERVICE: Der Umweltdachverband hat alle Kraftwerksprojekte auf einer in Google Maps generierten Österreich-Karte eingezeichnet, beschrieben und kommentiert. Die Karte ist abrufbar unter der Adresse http://tiny.cc/JfldD

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