Erstmals Mäuse aus speziellen Stammzellen

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Gleich zwei chinesische Forschergruppen haben erstmals Mäuse nur aus einer neuen Klasse von Stammzellen (iPS- Zellen) geschaffen. Das berichten die Teams nach einem Wettrennen um den Erfolg am Donnerstag zeitgleich in den Journalen "Nature" und "Cell Stem Cell". Einige der Tiere waren fruchtbar. Unter diesen fand sich ein Männchen, das im Alter von sieben Wochen ein Weibchen befruchtete und Vater wurde.

Das Team um Xiao-yang Zhao von der chinesischen Akademie der Wissenschaften in Peking entnahm erwachsenen Mäusen Zellen und programmierte sie mit einem genetischen Trick zurück zu einer Art embryonalen Zellen. Aus diesen sogenannten iPS-Zellen (induzierte pluripotenten Stammzellen) ließen die chinesischen Wissenschafter nun Mäuse heranwachsen.

Dazu bedienten sie sich eines biologischen Tricks, der sicherstellte, dass die neuen Tiere nachweislich nur aus den iPS- Zellen entstanden. Die ersten so entstandenen Mäuse erhielten den Namen "Tiny" (englisch: winzig), auf chinesisch "Xiao Xiao", gesprochen "Shau Shau", heißt es in "Nature".

"Das ist ein Fortschritt im Detail", urteilte Holm Zaehres, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Max-Planck-Institut für molekulare Medizin im Münster. Das Labor gehört international zu den führenden auf dem Gebiet der iPS-Forschung. Bereits vor der neuen Arbeit der chinesischen Kollegen sei bekanntgewesen, dass iPS-Zellen zur Bildung fruchtbarer Mäuse beitragen können. Forscher hatten bereits zuvor iPS-Zellen in frühe Mausembryonen gespritzt, mit denen sie sich mischen und so zu einer Chimäre (Mischwesen) heranwuchsen. Über solche Tiere haben auch die Münsteraner Forscher bereits berichtet, erklärt Zaehres.

27 Mäuse aus 3 verschiedenen iPS-Zelllinien

Das Team um Zhao wollte aber keine Chimären, sondern reine iPS-Mäuse schaffen. Dazu schuf die Gruppe zunächst eine Art künstliche Embryohülle, die aber keinen Anteil an der späteren Maus hatte. Sie mischten die Embryohülle dann mit den iPS-Zellen. Im Inneren dieser Hülle entstand aus den iPS-Zellen der Embryo. Das Verfahren trägt den Namen "tetraploide Embryo-Komplementierung", weil die Embryohülle aus Zellen mit vier Chromosomensätzen entstanden war. Aus 3 verschiedenen iPS-Zelllinien gingen bisher 27 Mäuse hervor, heißt es in "Nature".

Von sehr ähnlichen Resultaten berichtet eine Gruppe um Shaorong Gao vom Nationalen Institut für Biowissenschaften in Peking im Journal "Cell Stem Cell". Sie schuf fünf neue iPS-Zellinien. Aus einer ließen sich - ebenfalls über den Weg der tetraploiden Embryo- Komplementierung - lebende Mäuse gewinnen. Ein Tier überlebte, bis es erwachsen war.

iPS-Zellen wecken zahlreiche Hoffnungen. Ihr Grundmaterial - etwa Hautzellen - lässt sich im Prinzip von jedem Menschen nehmen. Nachdem sie im Labor verjüngt wurden, könnte man die neuen Stammzellen des Patienten zu Ersatz für verschlissenes Geweben heranwachsen lassen und damit eine maßgeschneiderte Therapie schaffen. Solche Zellen haben das gleiche genetische Material wie der Patient selbst, sie werden daher nicht abgestoßen. In den vergangenen drei Jahren hat die iPS-Forschung einen enormen Aufschwung genommen.

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