Neue-Grippe-Impfung in Deutschland beschlossen

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Die Bevölkerung in Deutschland soll die Möglichkeit bekommen, sich im Herbst gegen die Schweinegrippe impfen zu lassen. Die Regierung billigte am Mittwoch (19. August) in ihrer Kabinettssitzung die entsprechenden rechtlichen Grundlagen. Geplant ist, insbesondere Risikogruppen zu impfen. Bis zu 35 Millionen Bürger sollen diesen Schutz erhalten.

Die deutschen Bundesländer können nun mit den gesetzlichen Krankenversicherungen Impf-Vereinbarungen schließen. Die Krankenkassen sollen die Kosten von etwa 1 Mrd. Euro tragen. Das Ziel der deutschen Bundesregierung ist aber auch, dass sich darüber hinaus jeder impfen lassen kann, der dies will.

Die möglicherweise damit entstehenden zusätzlichen Kosten sollen der deutsche Staat und die Bundesländer aus Steuermitteln übernehmen. Bezüglich der Übernahme der Kosten hat es in Deutschland in den vergangenen Wochen heftige Diskussionen gegeben. Die Krankenkassen wollten zunächst vorübergehend sogar höhere Beiträge einheben.

"Österreich gut vorbereitet"

Österreich verfolgt eine etwas andere Strategie. Es gibt einen Vorvertrag mit dem Pharmakonzern Baxter über die Lieferung von 16 Mio. Dosen einer bereits in Produktion befindlichen A(H1N1)-Pandemie-Vakzine. Das würde bei zwei notwendigen Teilimpfungen den Schutz der gesamten Bevölkerung möglich machen, nicht nur jenen von Risikopersonen wie chronisch Kranken, Schwangeren und Angehörigen der Gesundheitsberufe. An Kosten rechnet man mit rund 95 Mio. Euro.

Bis Dienstagnachmittag (18.8.) gab es in Österreich 260 Erkrankungen an der neuen Influenza. Alle Krankheitsverläufe erschienen mild. In einem Interview mit dem ORF-Fernsehen (Mittags-ZIB) betonte am Mittwoch (19.8.) der Sektionsleiter im österreichischen Gesundheitsministerium Clemens Auer, dass Österreich gut auf eine Pandemie-Erkrankungswelle vorbereitet sei. Man hätte beispielsweise für Impfungen etc. bereits 2006 die gesetzlichen Rahmenbedingungen geschaffen.

Selbstverständlich werde man bei einer allfälligen Impfkampagne gegen die neue A(H1N1)-Influenza mit der Immunisierung von Risikopersonen und dem medizinischen Personal beginnen. Allerdings muss dazu erst die Vakzine zugelassen werden. Gearbeitet wird an der Logistik und an der Vorbereitung der Organisation einer Impfkampagne.

International hängt alles bezüglich der Impfkampagnen an der Produktionskapazität der Hersteller. Diese ergibt sich wiederum aus der "Wachstumsfreudigkeit" des Virus. Darüber gibt es bisher nur rudimentäre Angaben. Die Wissenschaftszeitschrift "Nature" schrieb bereits vor einigen Wochen, dass die Produzenten befürchteten, nur zwei bis viermal weniger als die maximal möglichen Mengen an Antigenen für die Impfstoffe herstellen zu können.

"Möglichst viele Menschen sollen sich immunisieren lassen"

"Die Impfung von Risikogruppen bedeutet individuellen Schutz. Darüber hinaus stecken Immunisierte andere Menschen nicht mehr an. Bei der Impfung der Angehörigen der Gesundheitsberufe geht es darum, diese Menschen einsatzfähig zu halten. Außerdem sollen sie nicht Patienten anstecken können. Für den Schutz der gesamten Bevölkerung, also um die Ausbreitung der Influenza zu verlangsamen, sollten sich möglichst viele Menschen immunisieren lassen", erklärt dazu der Wiener Sozialmediziner Michael Kunze.

In Deutschland erklärten Experten vor einigen Tagen, dass man zum Stoppen einer Influenza-Pandemie-Welle mindestens 80 Prozent der Bevölkerung impfen müsste. Dann würde eine sogenannte "Herdenimmunität" wirksam werden.

Keine Zwangsimpfungen möglich

Allerdings, da man in westlichen Industriestaaten keine Zwangsimpfungen durchführen kann, bleibt die Frage, ob sich - selbst unter den Risikopersonen - genügend Menschen gegen die Schweinegrippe immunisieren lassen, wenn die Vakzine zugelassen ist. Eine Online-Umfrage unter Angehörigen des Pflegepersonals in Großbritannien brachte laut "Times Online" erschütternde Ergebnisse ans Tageslicht: 30 Prozent der Krankenpfleger sagten, sie würden sich nicht gegen A(H1N1) immunisieren lassen. 37 Prozent erklärten sich dazu bereit. 33 Prozent waren unentschlossen.

"Dabei sind die Briten bei der Influenza-Impfung an sich schon besser unterwegs als wir in Österreich", sagte Kunze dazu. 2007/2008 waren in Großbritannien während der "normalen" saisonalen Grippe-Zeit 29 Prozent der Angehörigen des Gesundheitswesens geimpft, in Österreich waren es nur 22 Prozent. In England und Wales waren damals auch 78 Prozent der über 65-Jährigen immunisiert. Österreich landete mit 22 Prozent unter elf Staaten Europas hier nur an siebenter Stelle.

Der Sozialmediziner: "Dabei dürfen wir nicht nur an die Pandemie-Influenza denken. Es gibt Überlegungen von Wissenschaftern, die besagen, dass im Herbst bei uns die saisonale Influenza und A(H1N1) parallel vorkommen werden. Gegen letztere sollte man sich auch impfen lassen."

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