Offene Pensionsansprüche könnten die Fusion von British Airways und Iberia zu einer der größten Fluggesellschaften der Welt noch ernsthaft gefährden. Iberia behielt sich das Recht vor, von dem am Donnerstagabend vereinbarten Zusammenschluss zurückzutreten, sollte sich das Loch in der Pensionskasse von 3,35 Mrd. Euro als nachteilig für das Unternehmen herausstellen. Mitentscheidend dürften die Verhandlungen zwischen BA und den Treuhändern des Pensionsfonds werden.
In Spanien meldeten die Gewerkschaften Bedenken gegen die Fusion an. Sie forderten eine Beschäftigungsgarantie für die rund 20.000 Iberia-Mitarbeiter. Eine BA-Sprecherin sagte, es werde vermutlich keine Stellenstreichungen geben, die über die bereits angekündigten hinausgingen. BA und Iberia bauen derzeit tausende Jobs ab.
Nach 16-monatigen Verhandlungen hatten sich die beiden Airlines am späten Donnerstag auf eine Fusion im Volumen von insgesamt knapp fünf Mrd. Euro geeinigt. Der Zusammenschluss soll nach Iberia-Angaben Einsparungen von jährlich 400 Mio. Euro ermöglichen. Ähnlich der Fusion von Air France und der niederländischen KLM wollen die Fluggesellschaften weiterhin ihre eigene Flotte betreiben.
Der bisherigen Vereinbarung zufolge werden die Briten künftig 55 Prozent an dem neuen Konzern halten und die Spanier 45 Prozent. Der Ausgang der Gespräche über die noch offenen Pensionszahlungen kann sich allerdings bei der Kräfteverteilung noch zugunsten von Iberia auswirken. Ein Abschluss der Fusion ist für Ende 2010 geplant. Auch über eine Allianz mit der Muttergesellschaft von American Airlines, AMR, wird nachgedacht.
Tief in der Verlustzone
Die Quartalszahlen von Iberia am 13. November verdeutlichen nochmals den wirtschaftlichen Druck, unter dem BA und Iberia stehen. Beide Airlines fliegen tief in der Verlustzone. BA hatte erst vor einer Woche einen Halbjahresverlust vor Steuern von 292 Mio. Pfund (328 Mio. Euro) verkündet. Und die erst 2001 privatisierte Iberia musste einen Tag nach der angekündigten Fusion einen Verlust von fast 182 Mio. Euro in den ersten neun Monaten einräumen. Nach dem Höhenflug vom Donnerstag gaben ihre Aktien an der Madrider Börse am Freitag prompt um rund zwei Prozent nach. Die BA-Aktie notierte an der Londoner Börse zunächst weiter klar im Plus.
Eine Sprecherin von Virgin Atlantic kritisierte die neue Marktmacht von BA und Iberia, vor allem am Flughafen London-Heathrow. Die Wettbewerbsbehörden in Europa und den USA müssten wachsam vor der wachsenden Dominanz sein. Das betreffe vor allem das "Monster-Monopoly" mit American Airlines, das nicht im Interesse der Kunden sei. Unbeeindruckt zeigte sich dagegen der Billigflieger Ryanair. "Die traditionellen Airlines in ganz Europa geben auf, weil sie nicht gegen Ryanairs schnelles Wachstum ankommen können", sagte der Sprecher Stephen McNamara. "BA und Iberia sind wie zwei Betrunkene, die versuchen, sich gegenseitig aufzurichten."
Die neue spanisch-britische Mega-Airline hat laut einer gemeinsamen Mitteilung eine Flotte von 419 Flugzeugen und wird 205 Ziele anfliegen. Das Unternehmen soll seinen operativen Sitz in London haben, in Madrid aber den Geschäftssitz. 2008 transportierten BA und Iberia nach Eigenangaben knapp 62 Mio. Passagiere und setzten zusammen rund 15 Mrd. Euro um. Damit sind sie, gemessen am Umsatz, die Nummer drei in Europa und die Nummer fünf weltweit. Der Aufsichtsratsvorsitzende von Iberia, Antonio Vaquez, soll auch den Aufsichtsrat von BA-Iberia leiten. Die EU-Behörden müssen dem zwischen den Verwaltungsräten beider Gesellschaften vereinbarten Zusammenschluss noch zustimmen.
Angesichts der schwersten Rezession seit dem Zweiten Weltkrieg rechnet der Branchenverband IATA damit, dass die Airlines weltweit alleine in diesem Jahr insgesamt Verluste von 11 Mrd. Dollar (7,4 Mrd. Euro) einfliegen. Die Flugbranche steht dadurch unter Konsolidierungsdruck, wie etwa die AUA-Übernahme durch die Lufthansa zeigt. Ryanair wies heute erneut auf die Notwendigkeit einer Übernahme des kleineren Rivalen Aer Lingus hin. Europa bewege sich unaufhaltsam auf vier große Airlines unter der Führung von Air France, British Airways, Lufthansa und Ryanair zu.