Führungswechsel war vorbereitet

SAP-Chef gibt Zepter an junges Duo ab

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Laut Führungsspitze sei alles von langer Hand vorbereitet gewesen.

Führungswechsel bei SAP: Der langjährige Chef des deutschen Softwareriesen Bill McDermott (Mitte) gibt seinen Posten vorzeitig an eine jüngere Doppelspitze ab. Mit sofortiger Wirkung übernehmen die Amerikanerin Jennifer Morgan (48, rechts) und der Deutsche Christian Klein (39, links) die Leitung des größten IT-Konzerns Europas. SAP ist damit der erste Dax-Konzern mit einer Frau an der Spitze.
 
An der Börse kam die Entscheidung gut an. SAP-Aktien legten am Freitag um mehr als acht Prozent zu, auch weil das Unternehmen zugleich unerwartet gute Zahlen für das dritte Quartal präsentierte.
 
Der 58-jährige McDermott hatte Aufsichtsratschef Hasso Plattner schon vor mehr als einem Jahr darüber informiert, nach dem Ende seines bis 2021 laufenden Vertrags gehen zu wollen, wie aus Reuters vorliegenden E-Mails des Managements an die Mitarbeiter hervorging. Schon damals entschieden sie sich für Morgan und Klein und bereiteten sie durch neue Aufgaben im Vorstand auf den Tag X vor. So übernahm Morgan im April die Leitung des wichtigen Cloud-Geschäfts. Statt zu warten, habe er mit Plattner nun entschieden, den Plan "aus einer Position der außergewöhnlichen Stärke" des Unternehmens jetzt umzusetzen, schrieb McDermott.
 

SAP-Chef gibt Zepter an junges Duo ab 

Über seine Nachfolger erklärte der Amerikaner mit der für ihn typischen Begeisterung: "Es wäre untertrieben zu sagen, dass ich ein Fan von Jen und Christian bin. Ich sehe in ihnen die Weisheit, das Talent, die Leidenschaft und die Fähigkeit, dieses Unternehmen noch weiter nach oben zu bringen." Klein sagte in einem Telefoninterview mit dem TV-Sender n-tv, die neuen Chefs setzten auf Kontinuität bei der Strategie von SAP. Sie wollten auch das Effizienzprogramm weiterführen, das zu greifen beginne.
 
Branchenexperten und Kunden von SAP begrüßten den Wechsel. Mit dem Deutschen Klein als Co-Chef werde der Heimatmarkt gestärkt, erklärte Marco Lenck, Vorstandsvorsitzender der Deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe (DSAG). "Das Team an der Spitze der SAP mit Jennifer Morgan sehen wir als moderne Führungskultur." Eine Doppelspitze war bei SAP schon früher üblich. Die Betriebswirtin Morgan ist seit 2004 bei SAP, sie arbeitete früher als Unternehmensberaterin. Klein, ebenfalls Betriebswirt, begann vor 20 Jahren als Student bei SAP. Er war zuletzt unter anderem für die Weiterentwicklung des neuen Kernprodukts S/4-Hana zuständig. Jetzt soll Morgans Expertise über Kundenpflege und Vertrieb in Kombination mit Kleins Technikverständnis das Unternehmen erfolgreich halten.
 
"Jen und Christian" stünden jetzt vor einer großen Aufgabe, erklärte Joshua Greenbaum, Berater von EAConsult. Sie müssten den Umbau von SAP vorantreiben und gleichzeitig den Kunden die Technologie zur Firmentransformation liefern. "Es wird bei weitem nicht einfach sein, aber die Grundlagen sind vorhanden." Die Kompetenzen der beiden neuen Co-CEO ergänzten sich gut, erklärte Wolfgang Donie, Analyst von der Norddeutschen Landesbank. Anleger hätten jetzt hohe Erwartungen an den Kapitalmarkttag am 12. November, bei dem die Neuen darlegen müssten, wie sie den Gewinn in den kommenden Jahren steigern wollen.
 

Lob von Aufsichtsratschef

"Ohne Bill stünde die SAP heute nicht dort, wo sie ist", sagte  Aufsichtsratschef und Mitbegründer Plattner  zum Ende der fast zehn Jahre langen Ära McDermott. Er sei die treibende Kraft beim Schwenk zur Zukunftstechnologie Cloud-Software gewesen, bei der Programme und Datenbanken mit flexiblen Abonnementsverträgen über das Internet bezogen werden. McDermott, ein talentierter Verkäufer, trieb den Wandel mit etlichen, teils milliardenschweren Übernahmen voran. An der Börse wuchsen nach der acht Milliarden Dollar (7,25 Mrd. Euro) teuren Übernahme des Kundenmanagementspezialisten Qualtrics zuletzt aber die Bedenken, SAP könne sich verzetteln. Erzrivale Oracle brüstete sich vor Kurzem damit, mit seinem Cloud-Programmpaket SAP viele Kunden abspenstig gemacht zu haben.
 
Mit dem Hedgefonds Elliott hat der Dax-Konzern seit heuer einen Aktionär, der schon bei anderen deutschen Unternehmen wie etwa Thyssenkrupp den Vorstand mit seinen Renditeforderungen unter Druck setzte. McDermott erklärte zu seinem Rücktritt, er sei nicht von Elliott gedrängt worden. Er hatte in diesem Jahr ein Sparprogramm eingeleitet, das auch mit Personalumbau einhergeht. Die Rendite soll bis 2023 um fünf Prozentpunkte steigen. Nach einem schwachen zweiten Quartal konnte SAP nach vorläufigen Zahlen von Juli bis September die um Sondereffekte bereinigte Marge gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 1,7 Prozentpunkte steigern auf 30,6 Prozent. Der Umsatz legte währungsbereinigt um 10 Prozent auf 6,8 Mrd. Euro zu.
 
McDermott will dem neuen Führungstandem bis Ende des Jahres noch als Berater zur Seite stehen. "Ich habe einen tollen Lauf und eine aufregende Fahrt genossen", sagte der New Yorker, der eine dunkle Brille trägt, seit er durch einen Unfall zu Hause auf einem Auge blind wurde. Zu seinen Zukunftsplänen sagte McDermott, der gerne auf Sport-Metaphern zurückgreift: "Ich wärme mich gerade erst auf."
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