Verpatzter Urlaub rechtfertigt Schadenersatz

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Laut eines jüngst ergangenen OGH-Urteils ist der Anspruch auf Schadenersatz wegen entgangener Urlaubsfreude grundsätzlich unabhängig von der Höhe der Preisminderung wegen mangelhaft erbrachter Reiseleistung zu prüfen.

Selbst bei geringer Preisminderung (z.B. 10 % des Reisepreises) kann immaterieller Schadenersatz zugesprochen werden. Dies bedeutet eine Trendwende in der Judikatur.

Hintergrund des vorliegenden Falles war eine verpatzte Pauschalreise nach Zypern 2006. Ein Großelternpaar buchte für sich und den 5-jährigen Enkel ein als Familienhotel deklariertes Hotel. Für die Auswahl waren die Kinderbetreuung (Kindergarten) und der "schöne Sandstrand" - beides im Prospekt beworben - ausschlaggebend.
Die Kinderbetreuung entfiel zur Gänze, der Sandstrand war inakzeptabel verschmutzt und der Meerzugang nur über eine steile Treppe erreichbar. Der Erholungswert des Urlaubes war für die Großeltern gar nicht und für das Kleinkind nur beschränkt gegeben. Der VKI klagte den Reiseveranstalter auf Preisminderung (Gewährleistung) und Schadenersatz wegen entgangener Urlaubsfreude.

Der Schadenersatz wegen entgangener Urlaubsfreude wurde vorwiegend auf den Totalausfall der zugesagten Kinderbetreuung gestützt. Dieser Anspruch steht nach §31e Abs 3 KschG zu, wenn ein erheblicher Teil der vertraglich vereinbarten Leistung vom Reiseveranstalter nicht erbracht wird. Eine bestimmte Erheblichkeitsschwelle bestimmt diese Regelung nicht, was zu uneinheitlicher Judikatur Anlass gab.

Im konkreten Fall sprachen die Gerichte 1. und 2. Instanz eine Preisminderung von 15 % für den verschmutzten Strand und 10 % für die fehlende Kinderbetreuung zu, sahen aber einen Anspruch auf Schadenersatz wegen entgangener Urlaubsfreude als nicht gerechtfertigt an. Das Berufungsgericht begründete dies damit, dass der Anspruch auf Schadenersatz wegen entgangener Urlaubsfreude bereits mit der Preisminderung abgegolten sei. Dagegen erhob der VKI ao. Revision an den OGH und bekam Recht.

Der OGH schloss sich der Rechtsansicht an, wonach für eine Bestimmung der Erheblichkeit der Beeinträchtigung der Urlaubsfreude nicht auf eine (hypothetische) Preisminderung abgestellt werden kann. Er begründete dies mit den unterschiedlichen Zielsetzungen von Gewährleistung (Ausgleich einer finanziellen Beeinträchtigung durch einen Reisemangel) und Schadenersatz wegen entgangener Urlaubsfreude (Unlustgefühle, die auf die Enttäuschung einer berechtigten Erwartung zurückgehen).

Mit dem Europarecht wäre eine zu restriktive Handhabung der Bestimmung auf Schadenersatz wegen entgangener Urlaubsfreude ebenfalls nicht zu vereinbaren. Daher prüfte der OGH die Erheblichkeit der beeinträchtigten Urlaubsfreude im Hinblick auf die Überschreitung einer Bagatellgrenze.

Im konkreten Fall sah der OGH die Bagatellgrenze jedenfalls als überschritten an: Bei einem Badeurlaub steht der Aufenthalt am Strand und das Baden im Vordergrund. Beides war nicht in der zugesicherten Form möglich. Dass bei einem kleinen Kind - trotz ausdrücklicher Zusicherung - das Fehlen von Kinderbetreuungsmöglichkeiten und Angeboten für Kinder eine massive Beeinträchtigung darstellt, bedarf laut OGH keiner weiteren Ausführung. Der OGH sprach 20 Euro pro Person für jeden Großelternteil und Tag an immateriellem Schadenersatz zu und betonte, dass dieser Betrag jedenfalls als angemessen zu bewerten sei.

Schließlich hielt das Höchstgericht noch fest, dass einegroßzügigere Bemessung des immateriellen Schadenersatzanspruchs einen zusätzlichen Anreiz für Reiseveranstalter bieten könne, ihre vertraglichen Zusagen einzuhalten und die von ihnen übernommenen Leistungen ordnungsgemäß zu erbringen.

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